Volltext: Der Weltkrieg der Dokumente

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Das Jahr 1910 
gegenüber diesem Auftreten: alles dies sei seit der Potsdamer Kaiser 
begegnung noch schlimmer geworden 1 . 
Während Sasonow nicht geneigt war, eine allgemein verpflich 
tende Note über die Potsdamer Besprechungen zu unterzeichnen, 
ließ er sich aber doch bereit finden, die in Berlin und Potsdam be 
sprochenen Punkte, soweit sie sich auf Persien und die Bagdadbahn 
bezogen, in einem besonderen Notenaustausche schriftlich nieder 
zulegen 1 2 . Über den Wortlaut wurde monatelang hin und her verhan 
delt, bis endlich am 19. August das Abkommen über Persien unter 
zeichnet werden konnte. Darin kam zum Ausdruck, daß Deutschland 
dort nur wirtschaftliche Ziele verfolge 3 . 
Die Frage der Bagdadbahn, für deren Weiterbau auch Rußland, 
Frankreich und England steigendes Interesse zeigten, wurde zwi 
schen den Großmächten verschiedentlich erörtert 4 . Der Botschafter 
Jules Cambon in Berlin ließ deutlich erkennen, daß Rußland, Frank 
reich und England dabei zusammenzuwirken suchten. 
Die deutsch-französischen Beziehungen entwickelten sich wäh 
rend des Jahres 1910 befriedigend. Beide Mächte traten dafür ein, 
ihre marokkanischen Beziehungen möglichst vor neuer Beunruhigung 
zu schützen. Als Fürst Radolin am 21. September 1910 sein Ab 
berufungsschreiben als Botschafter überreichte, versicherte ihm Prä 
sident Falberes, wenn Deutschland etwa heute in der Lage wäre, 
Frankreich ganz Marokko anzubieten, er das Geschenk entschieden 
ablehnen würde, weil er nicht in dies Wespennest stechen wolle 5 . 
Die Potsdamer Besprechungen vom November 1910 wirkten in der 
politischen Welt Frankreichs beunruhigend: man befürchtete da 
von eine Erschütterung der Grundsäulen der französischen Politik, 
des Bündnisses mit Rußland und der Entente cordiale mit England. 
Das Jahr 1911 
Marokko 
Seit dem Abschlüsse des deutsch-französischen Marokkoabkom 
mens vom 9. Februar 1909 6 hatte Deutschland in Marokko eine zu 
rückhaltende Politik geübt, wärend der Schwierigkeiten Spaniens 
bei seinen Kämpfen mit den Rifkabylen den französisch-spanischen 
Standpunkt unterstützt und so wesentlich dazu beigetragen, daßMulay 
Hafid einlenkte und den Frieden mit den Rifkabylen vermittelte 7 . 
1 Qr. Pol. Nr. 10 186—10 191. 
2 Gr. Pol. Nr. 10192. 
3 Gr. Pol. Nr. 10223. 
4 Gr. Pol. Nr. 9989—10017. 
6 Gr. Pol. Nr. 10515. 
6 Siehe o. S. 275 und 283 ff. 
7 Gr. Pol. Nr. 10474.
	        
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