Volltext: Der Weltkrieg der Dokumente

Die Anklage von Versailles 
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Den Vorwurf der deutschen Friedensdelegation, eine Blockade 
von besonderer Strenge gegen Deutschland angewendet zu haben, 
sucht Clemenceau mit der Begründung zu entkräften, diese Blockade 
habe „wegen des verbrecherischen Charakters des von Deutschland 
angefangenen Krieges und wegen der barbarischen Methoden, die 
Deutschland in der Durchführung dieses Krieges angewandt hat,“ 
stattfinden müssen. Also auch sie erscheint als eine berechtigte Straf 
maßnahme. Schließlich fordert Clemenceau eine Erklärung der deut 
schen Friedensdelegation binnen fünf Tagen, also bis zum 21. Juni, 
daß sie bereit sei, den Vertrag in seiner damaligen Gestalt zu unter 
zeichnen. Geschehe dies nicht, so sei der Waffenstillstand beendet, 
„und die Alliierten und Assoziierten Mächte werden diejenige^ 
Schritte ergreifen, die sie zur Erzwingung ihrer Bedingungen für 
erforderlich halten.“ Durch dieses Ultimatum war der Deutschen 
Friedensdelegation die Pistole auf die Brust gesetzt. Die Hauptvor 
aussetzung eines jeden im Rechtsbewußtsein aller Völker gültigen 
Vertrages, nämlich die Freiwilligkeit, war damit verletzt. 
Gleichzeitig mit der Mantelnote vom 16. Juni 1919 hatte der 
Generalkommissar der Deutschen Friedensdelegation, Ministerial 
direktor Dr. Simons, eine „Antwort der Alliierten und Asso 
ziierten Mächte auf die Bemerkungen der Deutschen 
Delegation zu den Friedensbedingungen“ 1 erhalten. In 
dieser Antwort waren gewisse Forderungen des Friedensvertrages 
näher begründet. So sollten z. B. die Deutschland auferlegten Be 
stimmungen über Landheer, Seemacht und Luftfahrt den ersten 
Schritt zu der allgemeinen Beschränkung und Begrenzung der Rü 
stungen bilden, nachdem Deutschland in den letzten Jahrzehnten den 
Staaten Europas das ungeheure Anwachsen der Rüstungen aufge 
zwungen habe. Deutschlands Nachbarn hätten, wenn sie nicht dem 
Zwange des deutschen Schwertes widerstandslos ausgeliefert sein 
wollten, gleichfalls rüsten müssen, und es sei daher ebenso gerecht 
wie notwendig, mit der zwangsweisen Begrenzung der Rüstungen 
bei dem Staate zu beginnen, dem die Verantwortung für ihr An 
wachsen zufalle. 
Der für unsere Zwecke wichtigste Teil VII der „Antwort der 
Alliierten und Assoziierten Mächte usw.“ beschäftigt sich ,mit 
„Deutschlands Verantwortlichkeit bei der Entstehung des Krieges“ 1 2 
und setzt sich mit der sogenannten Professoren-Denkschrift 3 kri 
tisch auseinander. Die unmittelbare Ursache für den Krieg sei nicht 
die Mobilisierung der russischen Armee, sondern der Entschluß der 
1 Siehe Anlage 4, S. 56*—66*. Dieses Schriftstück wird in der Literatur auch als 
Denkschrift zur Mantelnote vom 16. Juni 1919 bezeichnet. 
2 Siehe S. 59* ff. 
s Siehe Anlage 2, S.27*ff.
	        
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