Volltext: Der Weltkrieg der Dokumente

Deutschlands Vereinsamung. 1902—1914 
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Die Vorbereitung der Zweiten Haager Friedens 
konferenz 
Schon im September 1905 hatte Rußland Einladungen zur 
Zweiten Haager Friedenskonferenz ergehen lassen und damit den 
von den Vereinigten Staaten schon seit Herbst 1904 geförderten 
Gedanken einer Wiederholung der Haager Konferenz der Verwirk 
lichung entgegengeführt. Ein russischer Schriftsatz, der in Berlin 
anfangs April 1906 überreicht wurde 1 , machte nähere Mitteilungen 
über die zu behandelnden Fragen. Neben den Gesetzen und Ge 
bräuchen des Landkrieges sollte auch die Seekriegführung erörtert 
werden, und man kündigte bereits an, daß die bevorstehende Kon 
ferenz vielleicht zu einer allgemeinen Einschränkung der Rüstungen 
führen könne. Auch eine vom 23.—25. Juli 1906 in London statt 
findende interparlamentarische Konferenz setzte sich nachdrücklich 
für den Abrüstungs- und Schiedsgerichtsgedanken ein. Dem Plane, 
Berlin zum Sitz der Konferenz zu machen, stimmte der Reichs 
kanzler in Anlehnung an einen Bericht des Botschafters Grafen 
Metternich vom 2. August 1906 zu 1 2 . Nach seiner Ansicht mußte eine 
solche Konferenz Deutschlands internationale Stellung erleichtern: 
„Jetzt liegt die Situation so, daß man uns für reaktionär, rauf 
lustig und eroberungslüstern hält (bzw. mit einem Anschein von 
Berechtigung ausgibt), während wir in Wirklichkeit eine sehr fried 
liche Politik machen. Andere Mächte, welche weniger friedlich und 
enthaltsam sind als wir, wissen sich dagegen geschickt in den 
Mantel moderner, humaner und liberaler Anschauung zu drapieren. 
Dieses unsere Stellung schwächende, unsere Politik lähmende und 
selbst unsere Rüstungen hemmende Mißverhältnis würde aufhören, 
wenn wir eine interparlamentarische Konferenz in Berlin unter 
freundlicher Haltung der kaiserlichen Regierung und Seiner Majestät 
des Kaisers zu einer solchen abhalten ließen 3 .“ 
Kaiser Wilhelm II. sah sich vor eine wichtige Entscheidung ge 
stellt. Seiner Meinung nach war es England bei der Vorbringung 
der Abrüstungsfrage im Haag nicht so sehr um eine Verminderung 
der Marinerüstungen als vielmehr darum zu tun, näheres über die 
deutschen Flottenpläne zu erfahren. Da er nicht die Absicht hatte, 
sich in den Ausbau der deutschen Flotte hineinreden zu lassen, 
faßte er den Entschluß, die neue Konferenz nur zu beschicken, wenn 
die Abrüstungsfrage ganz ausgeschaltet bleibe. Einige Monate später, 
im Dezember 1906, ließ er aber seinen Widerspruch unter der Vor 
aussetzung fallen, daß auf dem Kongreß keine Angriffe gegen die 
1 Gr. Pol. Nr. 7802. 
2 Gr. Pol. Nr. 7811. 
3 Gr. Pol. Nr. 7812.
	        
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