Volltext: Der Weltkrieg der Dokumente

Der Neue Kurs. 1890—1901 
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freiem Verkehr zu einem der bedeutenderen Punkte des ostasiati 
schen Handels zu machen 1 . 
Im Zusammenhänge mit Deutschlands Vorgehen in Kiautschou 
stand das Einlaufen eines russischen Geschwaders in Port Arthur 
am 19. September 1897, das von Kaiser Wilhelm II. mit einem 
freundlichen Telegramm an den Zaren begrüßt wurde. „Meine Sym 
pathie und Hülfe sollen im Notfälle nicht fehlen,“ telegraphierte; 
ihm der Kaiser 1 2 . Die russische Regierung begann alsbald, mit China 
über die dauernde oder zeitweilige Überlassung von Port Arthur 
und Talienwan zu verhandeln, obwohl Graf Murawiew gelegentlich 
behauptete, Rußland bedürfe keines Hafens an der chinesischen 
Küste 3 . England machte erst im Frühjahr 1898 Ansprüche geltend. 
Das Jahr 1898 
Die Jahre 1898—1904, in denen Deutschland hauptsächlich die 
Politik der freien Hand zu treiben suchte, sind dadurch für die 
Stellung Deutschlands in der Welt sehr bedeutungsvoll geworden, 
daß am Ende der Entwicklung die Verständigung Englands und 
Frankreichs, die sogenannte Entente cordiale vom 8. April 1904, ge 
standen hat. 
Inmitten der sich immer mehr verschärfenden Welthändel mußte 
Deutschland sich entschließen, nach welcher Seite es sich anlehnen 
wollte. Zwar bestand der von Bismarck zusammengefügte Drei 
bund scheinbar noch in alter Kraft. Es traten aber doch immer aufs 
neue Erscheinungen zutage, die auf eine Lockerung des Dreibund 
verhältnisses deuteten. Welchen Weg sollte Deutschland gehen? 
War die Anlehnung an England oder an Rußland geboten? 
England war seiner ganzen parlamentarisch-politischen Tradi 
tion gemäß keiner Macht gegenüber fest und endgültig gebunden, 
Rußland aber hatte durch seine militärischen Abmachungen mit 
Frankreich und durch seine zunehmende wirtschaftliche Abhängig 
keit vom französischen Kapital seine Selbständigkeit bereits bis zu 
einem hohen Maße eingebüßt. Eine weitere Anlehnung für Deutsch 
land schien aber schon infolge des bedrohlichen Vordringens des 
Tschechentums in Österreich geboten. Die innere Schwäche des 
Dreibundes zeigte sich immer deutlicher. Unverhohlen sprachen 
Tschechen von ihren Hoffnungen auf ein russisch-österreichisches 
Bündnis, das dazu berufen wäre, den morschen Dreibund zu er 
setzen. Schon sprach man gelegentlich davon, wie lange die Regie 
rung des alternden Kaisers „imstande und in der Laune sein werde, 
dem slawischen Druck der Gesamtmonarchie zu widerstehen“ 4 . 
1 Gr. Pol. Nr. 3747. 
2 Gr. Pol. Nr. 3739. 
3 Gr. Pol. Nr. 3742 und 3753. 
4 Gr. Pol. Nr. 3513.
	        
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