Volltext: Der Weltkrieg der Dokumente

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1890 
sten Persönlichkeiten der deutschen Außenpolitik gleichzeitig von 
ihren Ämtern zurück. 
Der Eindruck des Kanzlersturzes in der ganzen Welt war ein 
ungeheurer. In Frankreich erblickte man in ihm hauptsächlich eine 
Schwächung des Dreibundes und hoffte auf eine Veränderung der 
politischen Qesamtlage. Die Zukunft wurde als besorgniserregend 
beurteilt, da die Befürchtung naheliege, die deutsche Politik könne 
kriegerischen Verwicklungen zugetrieben werden und die europäi 
schen Fragen sich zu unlösbaren Knoten verschlingen, nachdem die 
kundige Hand des Meisters zur Lösung fehle. In Petersburg bewirkte 
der Sturz des Fürsten das Gefühl einer gewissen Erleichterung, 
andererseits aber auch das einer gesteigerten Unsicherheit, da Bis 
marck fast drei Jahrzehnte lang die sicherste Bürgschaft guter Be 
ziehungen zwischen den beiden Reichen gewesen sei. Besonders 
beunruhigend wirkte die an den Zaren gelangende Nachricht, der 
Abgang des Fürsten sei nicht von inneren Fragen, sondern durch 
eine Meinungsverschiedenheit über die künftige Gestaltung der Be 
ziehungen zu Rußland herbeigeführt worden 1 . Einen Trost fand 
man, wie der Militärbevollmächtigte in Petersburg, Oberst v. Vil- 
laume, am 10. April 1890 berichtete 2 , hauptsächlich in der Stelle des 
kaiserlichen Erlasses vom 20. März an Bismarck, in der es hieß: 
„Auch im Auslande wird Ihrer weisen und tatkräftigen Friedens 
politik, die ich auch künftig aus voller Überzeugung zur Richtschnur 
meines Handelns zu machen entschlossen bin, alle Zeit mit ruhm 
voller Anerkennung gedacht werden“. 
Rückblick auf die Bismarckzeit 
An dieser Stelle gilt es haltzumachen, um noch einmal die Frage 
zu erörtern, was Bismarcks Abgang damals für Deutschland bedeu 
tete. Als der Fürst nach gefallener Entscheidung am 1. April 1890 in 
Friedrichsruh seinen Geburtstag beging, widmete ihm Ernst v. Wil 
denbruch als Inschrift zu einem Lorbeerkranze die Verse 3 : 
Du gehst von Deinem Werke, 
Dein Werk geht nicht von Dir, 
Denn, wo Du bist, ist Deutschland, 
Du warst, drum wurden wir. 
Was wir durch Dich geworden, 
Wir wissen’s und die Welt; 
Was ohne Dich wir bleiben, 
Gott sei’s anheimgestellt! 
1 Gr. Pol. Nr. 1365. 
2 Gr. Pol. Nr. 1364. 
3 Bert hold Litzmann, Emst von Wildenbruch. Berlin, (G. Grote), II, 84.
	        
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