Volltext: Der Weltkrieg der Dokumente

Die Bismarckzeit 
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archie zu bekämpfen 1 . Der Zar war von tiefem Mißtrauen gegen 
Österreich beseelt und glaubte auch wohl selbst nicht an die Mög 
lichkeit einer Scheidelinie zwischen den österreichischen und russi 
schen Interessen im Orient. In Wien aber befürchtete man stets, 
durch den russischen Panslawismus vom Balkan abgedrängt zu 
werden 1 2 . Bismarck hingegen hielt es für möglich, daß Öster 
reich den Russen in Bulgarien und Rußland der österreichischen 
Politik in Bosnien und Serbien freien Spielraum ließ 3 . 
Eine Zusammenkunft der drei Kaiser in Skiernewice vom 15. 
bis 17. September 1884, an der auch Bismarck und die Außen 
minister Rußlands und Österreich-Ungarns teilnahmen, verlief zur 
Zufriedenheit und überdeckte einstweilen die latenten Gegensätze 4 . 
Auch hierbei zeigte es sich, daß es nicht schwer war, zwischen 
Rußland und Deutschland gute Beziehungen aufrechtzuerhalten. 
Groß aber war die Sorge der Panslawisten, der österreichische 
Einfluß auf dem Balkan würde jetzt zunehmen und die Donau 
monarchie vielleicht bald zur dauernden Einverleibung Bosniens und 
der Herzegowina schreiten 5 . 
Die bulgarische Krisis 1885—1887 
Die innere Unmöglichkeit des Drei-Kaiser-Bündnisses sollte sich 
zuerst in der bulgarischen Frage bemerkbar machen. Bulgarien war 
eine der Schöpfungen des Berliner Kongresses. Im Frieden von 
San Stefano hatte Rußland ein viel größeres Bulgarien durchzu 
setzen versucht. Der nivellierenden Tätigkeit des Berliner Kongresses 
war es sodann zuzuschreiben, daß Bulgarien wesentlich verkleinert 
wurde. Hauptsächlich Österreich und England hatten gegen eine 
Vorschiebung der bulgarischen Grenzen bis an das Ägäische Meer 
und über einen großen Teil Mazedoniens hinaus Einspruch erhoben. 
Ganz gegen den Willen Ignatiews wurde das südlich vom Balkan 
gelegene Land unter der Bezeichnung „Ostrumelien“ zu einer auto 
nomen Provinz des türkischen Reiches. 
Bulgarien war somit ursprünglich ein Schoßkind Rußlands und 
des panslawistischen Gedankens. In den Reihen der russischen 
Armee hatte Prinz Alexander von Battenberg, der Sohn des Prinzen 
Alexander von Hessen und bei Rhein, den russisch-türkischen Feld 
zug mitgemacht. Er war ein Lieblingsneffe des Zaren, dem engli 
schen Herrscherhause verwandt, ein deutscher Prinz und preu- 
1 Or. Pol. Nr. 631—634. 
2 Gr. Pol. Nr. 639. 
3 Gr. Pol. Nr. 636. 
4 Gr. Pol. Nr. 645—648. 
6 Gr. Pol. Nr. 649.
	        
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