Volltext: Der Weltkrieg und die politischen Gedankengänge Europas [30]

damit es uns nicht wieder entrissen werde". Diesem scharfen 
Adlerauge war es nicht entgangen, was eine ferne Zukunft 
geheimnisvoll in ihrem Schoße barg. Daß es sogar eine Welt 
von Feinden sein wird, hat wohl selbst Moltke kaum voraus¬ 
gesehen. Die nachfolgende Generation hat es wenigstens ge- 
«I .u J verdoppelte die bisherigen Anstrengungen, der 
aufsteigenden Gefahr gewappnet entgegentreten zu können. 
daß es trotz alledem schon gar nicht dem deutschen Ra- 
nonalcharakter entspricht, Eroberungsgelüsten zu frönen, wie 
oles in früheren Jahrhunderten von den Franzosen praktiziert 
wurde, von denen ihr eigener Landsmann, der Geschichts¬ 
schreiber Camille Rousset, im dritten Band seiner Histoirc 
de Löuvois sagt: „Kein Volk hat seit den Römern eine solche 
Leidenschaft für Eroberungen an den Tag gelegt wie das un ere" 
scheint als etwas so Außergewöhnliches angesehen zu werden! 
daß das Fassungsvermögen sämtlicher dominierender Entente- 
Politiker kaum ausreicht, es zu verstehen. 
Wie eben einem Musiker schwer beizubringen sein wird, 
daß ein edler Geigenton auch qualvoll an ein Ohr schlagen 
kann, so betrachtet besonders der leicht- oder heißblütige 
Romane die unergründliche Tiefe des deutschen Gemütes als 
ein unauflösbares Rätsel, mit dem er sich hilft, indem er — 
irgendwie versteckt — eine Schauersache an ihr wittert. 
.W>r aber wissen, daß unsere deutsche Gemütsart uns eine 
große Vorliebe zum Verweilen in der Ruhelage der Selbst¬ 
genügsamkeit anerzogen hat, uns an ein schlichtes Zurücktreten 
in den Abenddämmer der Vesperglocke gewöhnt hat und an 
so vrele andere unscheinbare Poesien, die den rastlos schaf- 
feni><m deutschen Tagesmenschen kaum wiedererkennen lassen. 
* JÄ uns nicht minder über unser Heimatgefühl im klaren, 
das sich dem Tiroler bereits schwer auf die Brust legt, wenn er 
in Bayern weilt, dem Pfälzer, der nach dem Elsaß verschlagen 
und), bcm Ostpreußen- der sich im Schlesischen herumtreibt, 
dem Sachsen, den das Böhmerland zurückhält. Ein so boden¬ 
ständiges Volk ist kein Eroberervolk, ein so schwerfälliges Volk 
yort nicht auf flunkernde Reden, sondern erst auf die Stimme 
der Not, ^ehe es sich für den Waffengang entscheidet, 
c rx Statt dies jedoch anzuerkennen und die Prosperität eines 
solchen Zeltgeistes zu unterstützen, rourde der allgemeine 23or~ 
teil ln der Schädigung des deutschen Rufes erkannt und gesucht. 
Die Verleumdung stürzte sich zunächst auf die festen Garan- 
Deutsche Reich in der Ausgestaltung seiner 
Wehrmacht gegen den bevorstehenden Ansturm seiner Existenz- 
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