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und seien eines Schutzes bedürftig, gleichsam an den kolossalen
„Loser“ stützen, — die liebliche Villa des herrlichen Dichters der
„Todtenkränze“ und der flammenden „Soldatenlieder“, — welche
wie eine Perle im grünen, blüthenduftenden Rahmen dem Auge des
Beschauers sich darstellt, und zum Schlusse der stille, ernste, dunkel—
grüne See, — alles von hohen Gebirgen umfangen, gewährt einen
Anblick des Entzückens. ———
Von nah und fern war alles zu diesem Kirchweihfeste geströmt;
man erblickte auf allen Pfaden Eingeborne und Fremde, zu Fuße
und zu Wagen, im Putze und ländlicher Kleidung. In einem Kreise
am Gasthause Alt-Aussees war die Musikbande der Bergknappen
versammelt, ihren Kapellmeister in der Mitte, mehrentheils ländliche
Weisen spielend. — Welch schöne Gestalten! in ihrer nationalen
Bekleidung, welche schöner kräftiger Körperform so günstig, den
grünen Hut mit Schildhahnfedern und sonstigem Schmuck geziert, —
die grünen Strümpfe mit dem herrlich geformten Fuß, — dem
wahrhaft hübschen, fast mehrentheils intelligenten Gesichte, — stan—
den diese Bursche, durch Luxus und Lebensweise noch nicht in ihrer
Kraft gebrochen, wie eherne Bildnisse einer längstvergangenen Epoche.
— In der That, man wähnte, als sei diese athletische Jugend die
Söhne der Urväter, welche dieses Land bewohnten, und aus den Grä—
bern, welche Jahrtausende sie barg — in ihrer früheren Blüthe auf—
erstanden, um diesem Feste beizuwohnen, und fremde Beschauer zu
belehren über Einst und Jetzt! — Es gab ein herrliches Tableau,
alle Gruppen der Versammlung zu besehen, — die feine elegante
Welt in Vermengung mit den ländlichen Bewohnern, Freiheit und
Zierlichkeit, mit Einfachheit und körperlicher Ktaft. —
Es war von nicht geringem Interesse, mich in diesem Gewühle
herum zu treiben, und den so ganz verschiedenartigen Eindruck zu
beobachten, den die kleinen Buden und ihr bescheidener Inhalt auf
die vorüber flutende Menge hervorbrachte. Während die Fremden,
Damen und Herren, diese Ausstellung kaum beachteten, stand manch'
dralle Sennerin mit sehnsuchtsvollem Blicke vor einem bunten Tuche,
einem Bande, berechnend, wie sehr solches sie und ihre Alpenhütte
zieren würde, und wie überaus glücklich sie wäre, könnte sie jenen