Und dann hat er sich in dieser im=
seligen Mondnacht doch wieder
heimlich fortgeschlichen... Da ist
der Entinger plötzlich aufgetaucht,
wie er, der Sepp, gerade auf dem
eben erlegten Gamsbock kniete und
der Entinger hat auf ihn den
Stutzen angelegt und dann hat er,
der Sepp, schießen müssen, ja müs¬
sen, aus Notwehr sonst hätte
wahrscheinlich... Was nützt alles
entschuldigen? Das Malheur ist
nun einmal geschehen. Was nun
tun? Soll er dem Bauern alles
beichten? Und dann in den Ker¬
ker wandern? Vom Almfrieden
weg?
Den Sepp schüttelt es und er
legt sich in der Scheune ins Heu,'
er findet aber keinen Schlaf...
*
Das helle Geläute der Kuh¬
glocken treibt den Sepp hinaus.
Gerade eben gucken die ersten
Sonnenstrahlen über den Plan¬
stein herüber. Sie kommen ihm
heute nicht wie sonst rosig und
goldig vor; blutrot scheinen sie
ihm, ja, blutrot...
Und wie er dann zur Weide
hinaufgeht, hört er den Bauern
schon von ferne fingen:
Kanns denn was Schvnres geb'n
als die Zufriedenheit?
Bei uns auf der Alm herob'n,
da gibts kein Streit:
da tragt a jeder Bua, a jede
Sennerin,
im Herz'n, wenn 's auf ö' Welt
kommt,
schon 'n Almfried'n örinn.
Der Sepp hält sich die Ohren
zu. Heute tut ihm das Singen
weh. In seinem Herzen ist es fin¬
ster, er hat den Almfrieden, den
heiligen, schwer beleidigt, gekränkt
und entehrt, durch seine Frevel¬
tat.
„Bauer", und hohl, heiser ist der
Ton seiner Stimme, „Bauer, i
muatz gleich fort von da, muaß
hinunter ins Tal. D' Mirzl is
scho fort....!"
Nach langer Mühe gelingt es
dem entsetzten Gehbauer endlich,
den Sepp zu einem vollen Ge¬
ständnis zu bringen. Und dann
meint er:
„Ah, freilich muaßt d' sofort
hinunter und muaßt zur Gendar¬
merie, daß kein Unschuldiger lei¬
det! Schad' um dich, Sepp! Die
verdammte Leidenschaft...!"
Und dann frägt er noch:
„Wo wird denn d' Mirzl hin
sein? Leicht a ins Tal hinunter?"
„Nein", meint der Sepp, „das
brave, guate Weib tät sich ja schä¬
men... in d' Fremd wahrschein¬
lich... hätt mir nimmer in d' Au¬
gen schauen können...!" Tränen
erstickten seine Stimme.
Und dann wankt der Sepp fort.
Er will den Weg zur Sühne ge¬
hen.
*
Kaum eine halbe Wegstunde
mag er gewandert sein, da hält er
Rast. Und all die schrecklichen Er¬
eignisse der letzten Tage martern
sein Hirn. Vom Glück, von der
reinen Liebe seiner herzensguten
Mirzl, vom Almfrieden weg, hin¬
ein in dumpfe Kerkermauern...!
Fluch der Leidenschaft, die Frieden
und Glück gemordet! Sepp, zu
spät, zu spät!
Und wann i z'ruck muaß geh'n
packt mich gleich 's Hoamweh an,
halt mi mit aller G'walt,
kann net davon.
Da beginnen seine Augen irre
zu leuchten; er jauchzt und singt
und schreit: „...kann net davon."
„Nein, i kann net davon!"
Und dann steht er auf und geht
wieder bergan. Wie ein Betrun¬
kener wankt er. Der Alm weicht
er aus, zum Planstein zieht es