Soldat, der in der Verwirrung auf
windschnellem Rosse entkam, ver¬
nichten kann! Oh, über die Frei¬
heit, die vor dem zurückgekehrten
römischen Heer, vor Aurelianus
nicht standhalten kann.
Nun schonte der Römer nicht
wie vordem, nun loderte Feuer
durch die Straßen der Stadt, nun
starben Männer und Jünglinge
blutigen Tod oder wurden wie die
Frauen und Kinder schmählicher
Sklaverei geweiht.
Zu Tode verwundet, hatte sich
Firmus in den Königspalast ge¬
schleppt, dorthin, wo sich in der
großen Halle das Standbild des
Odenatus, von goldenen Ketten
umschlossen, erhob.
Mit einem letzten Blick auf die
Statue und auf Zenobia starb der
junge Krieger.
Die Königin aber kniete neben
dem Toten und betete zu dem un¬
bekannten Gott um Stärke. Uralte
Worte klangen in ihrer Seele auf,
kamen von ihren Lippen:
„Mit dem Geiste, der mächtig ist
zu führen, stärke mich!"
Frauen und Mädchen von Pal¬
myra drängten in die Halle, als
suchten sie Schutz bei Zenobia oder
bei der Statue des siegreichen
Herrschers.
Zenobia wollte trösten, ermuti¬
gen — und erschrak je in- tiefster
Seele. Denn auf der Schwelle stand
mit einem Male, von Bewaffneten
gefolgt, der Kaiser Aurelianus.
Für eines Herzschlages Länge
war Schweigen. Die Königin des
Ostens senkte den Blick nicht vor
dem des rächenden Feindes. Der
sprach: „Ich habe dir vertraut —
— und das war dein Dank?"
Sie schwieg: denn sie wollte den
jungen Toten vor ihr mit keinem
Worte belasten.
„Ich wußte nicht, daß deine Au¬
gen lügen können", fuhr der Kai¬
ser fort.
Da wandte sie den Blick von ihm
und sprach: „Du bist gekommen, zu
töten und zu vernichten. Ich bin
nur ein Weib und kann dir nicht
wehren, denn meine Krieger sind
geschlagen. Aber ich will nicht re¬
den mit dir."
„Fesselt sie", befahl Aurelianus
den Soldaten und trat ins Innere
des Raumes, daß jene nachdringen
könnten.
„Ich bin eine Königin", rief Ze¬
nobia, „und nicht gewöhnt, Fesseln
zu tragen. Ich trage nur Perlen
und Gold."
Da lachte der Kaiser hart und
spottend auf und winkte den Sol¬
daten, die seinen stummen Befehl
zu deuten wußten. Mit den golde¬
nen Ketten von ihres Gatten
Standbild war die Königin des
Ostens gefesselt und so aus Pal¬
myra fortgeführt. Sie wandte sich
kein einziges Mal um, um nicht zu
sehen, wie die Stadt hinter ihr ver¬
brannte.
War wohl der Triumph des' Au¬
relianus größer oder die Schmach
der Königin des Morgenlandes?
Sie schritt hinter seinem Wagen,
als er — von Jubel umbraust —
in Rom einzog.
Ihr reiches Haar war unbedeckt
und statt des fürstlichen Prunkge-
waudes hüllte ein rauhes Kleid
ihre edlen Glieder. Die Hände
aber waren gefesselt mit der schwe¬
ren goldenen Kette, die hinter ihr
nachschleppte, und waren blutig
und wund. Und gerade unter dem
Triumphbogen, den man dem
Sieger errichtet, stürzte Zenobia
zusammen. Die goldenen Fesseln
glühten im Sonnenlicht und ihre
Hände waren rot von Blut: ihr
Antlitz lag still und weiß auf der
Fülle ihres Haares.
Als hätte der Kaiser ihren Fall
nicht bemerkt, wollte er seinen
Weg fortsetzen und das Gefolge
drängte nach. Da warf sich aus der
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