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über Ne spiegelblanke Matze tief an den Ohren herunter u. träumte
selig in das neue! Jahr hinein. Seine Frau, welche mit Hm allein
das Haus bewohnte, hatte vorher noch alle Türen sorgfältig ver-
schlossen und war dann dem Gatten in das Schlafzimmer gefolgt.
Es mochte sehr früh am nächsten Morgen sein, da fuhr der Bür¬
germeister plötzlich wie gebissen aus seinem Schlafe empor. Was
war denn das? An sein Ohr drang ein Schienen, Lärmen und
Läuten, als ob die Franzosen über das Städtchen gekommen wären.
„Fix Krautsalat, das ist offene Empörung", schnaubte der Nap-
fer; „aber wart", Kanallie, sollt's mich kennen lernen!"
„Sei doch ruhig", mahnte Frau Kathrin, die Bürgermeisterin,
„und bleib' liegen. Zn was hast denn einen Nachtwächter? Der
soll die Spitzbuben fassen."
„Der, ja der! Der nachtwächtert gewiß in einer Gegend
herum, wo eiü Weinpanzen rinnt."
Ein paar Minuten war alles ruhig, dann ging plötzlich drunten
vor des Bürgermeisters Hanse ein Höllenspektakel los. Flinten und
Pistolen krachten, ein Dutzend Kuhschellen und „Kümpfe" läuteten
zusammen, dazwischen tönten grelle Pfiffe. Nun sprang der Napser
kochend vor Zorn aus dem Bette, riß ein Fenster aus und steckte sei¬
nen grauen Glatzkopf hinaus in die Straße. Draußen war es halb-
dunkel, das letzte Mondviertel warf einen trüben Schein, so daß der
Napser wohl den Halbkreis schwarzer Gestalten vor seiner Türe ge¬
nau sehen, aber kein Gesicht deutlich unterscheiden könnte.
„Bande übereinander, was treibt ihr da?" schrie jetzt der Bür¬
germeister hinab,' „wißt ihr nicht, was Untergebene ihren Vorge¬
setzten und Obrigkeiten schuldig sind?"
Ein Chor vor zwanzig Stimmen antwortete, in lautem, halb-
singendem Tone:
„Glückseliges neues Jahr!
Den Napser beißt das Haar,
Weil allergrößte G'fahr
Für seinen Beutel war.
Der Napser reibt den Grint,
Das weiß schon jedes Kind,
Wie halt der Napser spinnt,
Wenn ihm ein Zipf entrinnt.
Der Napser, selb' ist wahr,
Schert noch die Maus um 's Haar —
Und unser Sprüchl ist gar.
Glückseliges neues Jahr!"
Nach dieser liebenswürdigen Begrüßung zogen die Sänger
klingelnd und knallend weiter. Der Napser spritzte fast vor Galle
und schäumte vor Wut. Einen von der Bande mußte er fangen und
wenn es halb Engstetten kostete. Hatte er nur einen, dann wollte er
die Namen der anderen schon Herauskriegen. Aber Eile tat not, sonst
entwischten ihm die Uebeltäter. In seiner wilden, fiebernden Auf¬
regung und Gallhitze nahm sich der Bürgermeister keine Zeit, die