Volltext: Salzkammergut-Familien-Kalender 1928 (1928)

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über Ne spiegelblanke Matze tief an den Ohren herunter u. träumte 
selig in das neue! Jahr hinein. Seine Frau, welche mit Hm allein 
das Haus bewohnte, hatte vorher noch alle Türen sorgfältig ver- 
schlossen und war dann dem Gatten in das Schlafzimmer gefolgt. 
Es mochte sehr früh am nächsten Morgen sein, da fuhr der Bür¬ 
germeister plötzlich wie gebissen aus seinem Schlafe empor. Was 
war denn das? An sein Ohr drang ein Schienen, Lärmen und 
Läuten, als ob die Franzosen über das Städtchen gekommen wären. 
„Fix Krautsalat, das ist offene Empörung", schnaubte der Nap- 
fer; „aber wart", Kanallie, sollt's mich kennen lernen!" 
„Sei doch ruhig", mahnte Frau Kathrin, die Bürgermeisterin, 
„und bleib' liegen. Zn was hast denn einen Nachtwächter? Der 
soll die Spitzbuben fassen." 
„Der, ja der! Der nachtwächtert gewiß in einer Gegend 
herum, wo eiü Weinpanzen rinnt." 
Ein paar Minuten war alles ruhig, dann ging plötzlich drunten 
vor des Bürgermeisters Hanse ein Höllenspektakel los. Flinten und 
Pistolen krachten, ein Dutzend Kuhschellen und „Kümpfe" läuteten 
zusammen, dazwischen tönten grelle Pfiffe. Nun sprang der Napser 
kochend vor Zorn aus dem Bette, riß ein Fenster aus und steckte sei¬ 
nen grauen Glatzkopf hinaus in die Straße. Draußen war es halb- 
dunkel, das letzte Mondviertel warf einen trüben Schein, so daß der 
Napser wohl den Halbkreis schwarzer Gestalten vor seiner Türe ge¬ 
nau sehen, aber kein Gesicht deutlich unterscheiden könnte. 
„Bande übereinander, was treibt ihr da?" schrie jetzt der Bür¬ 
germeister hinab,' „wißt ihr nicht, was Untergebene ihren Vorge¬ 
setzten und Obrigkeiten schuldig sind?" 
Ein Chor vor zwanzig Stimmen antwortete, in lautem, halb- 
singendem Tone: 
„Glückseliges neues Jahr! 
Den Napser beißt das Haar, 
Weil allergrößte G'fahr 
Für seinen Beutel war. 
Der Napser reibt den Grint, 
Das weiß schon jedes Kind, 
Wie halt der Napser spinnt, 
Wenn ihm ein Zipf entrinnt. 
Der Napser, selb' ist wahr, 
Schert noch die Maus um 's Haar — 
Und unser Sprüchl ist gar. 
Glückseliges neues Jahr!" 
Nach dieser liebenswürdigen Begrüßung zogen die Sänger 
klingelnd und knallend weiter. Der Napser spritzte fast vor Galle 
und schäumte vor Wut. Einen von der Bande mußte er fangen und 
wenn es halb Engstetten kostete. Hatte er nur einen, dann wollte er 
die Namen der anderen schon Herauskriegen. Aber Eile tat not, sonst 
entwischten ihm die Uebeltäter. In seiner wilden, fiebernden Auf¬ 
regung und Gallhitze nahm sich der Bürgermeister keine Zeit, die
	        
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