Volltext: Salzkammergut-Familien-Kalender 1927 (1927)

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wißt nicht, was es für ein Menschenkind bedeutet, dem Salzmänn¬ 
lein zu begegnen." 
„Nun, was soll das wohl bedeuten?" 
„Das bedeutet, ihr werdet in dem Kapuzinerberg verzaubert 
zur Salzsäule." 
„So, so, meint ihr? Habt ihr schon einmal so eine Salzsäule 
gesehen?" 
„Ihr spottet. Möge es euch das Salzmännlein nicht vergelten." 
„Ich stehe auf gutem Fuß mit ihm." 
„Freund, Freund, höhnt den mächtigen Herrn der Salzwerke 
nicht!" 
„Keine Spur,' er ist mein Pate." 
„Nein, Freund — gute Nacht! Seht, wie ihr allein in die 
Burg kommt. Ich kann nicht weiter mit euch gehen. Wenn das 
Salzmännlein euch straft, muß ich mitleiden, unschulöigerweise." 
„Unsinn! Es ist mein Pate. Ich will es schön grüßen von 
euch, und nun kommt mit bis an das Burgtor." 
Sie gingen schweigend und Schritt um Schritt den Weg, der 
jetzt ungeheuer steil war, empor. Immer steiler wurde es, und der 
alte Grieswang, der schon ein kleines Bäuchlein sein eigen nannte, 
pustete nicht schlecht. Am Tore schrie Grieswang zum Pförtnersen- 
ster empor: „Schleichmichel, Schleichmichel, mache die kleine Pforte 
auf!" 
Da schob sich oben am quaderdicken Pfortenturm ein Fenster¬ 
lein auf und ein Wafsenknecht mit verwittertem Gesicht lugte 
heraus. 
„Ach, Grieswang! Wen bringst du in so später Stunde? Ein 
alter Salzburger wie du könnte wissen, daß der Herr Bischof streng¬ 
stens verboten hat, nach acht Uhr einen Fremden in die Feste zu 
lassen." 
„Weiß ich wohl, doch der junge Herr läßt sich nicht abweisen. 
Frage nur den hochwürdigen Herrn Bischof, ob er ihn vorlassen 
will?" 
„Wer ist der junge Herr?" fragte der Wächter wieder. Und nun 
antwortete Hans Leichtfuß selbst: „Einer, den der Herr Bischof wohl 
brauchen kann, einer, der nicht gewohnt ist, zweimal anzuklopfen." 
Da dachte der Hüter, ein vornehmer Junker, vielleicht gar 
eines Fürsten Sohn oder ein reicher Bürgerssohn von Augsburg 
oder Nürnberg stände am Tor, und er eilte ins Schloß. Der Bischof 
saß mit seinem getreuen Friedbert, Kaplan von Sankt Peter, am 
Kamin am Schachtisch, als der dienende Bruder meldete: „Hoch- 
würdigster Herr, der Wächter des Turmtores harrt an der Tür, er¬ 
bringt eine Botschaft." 
Die beiden Priester sahen sich an. 
„Eine Botschaft?! Laßt hören!" 
Schleichmichel, der Wächter, stellte sich zum Gruße breitbeinig 
vor den Bischof hin und grüßte, mit der Hand eine untertänige Be¬ 
wegung machend.
	        
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