Volltext: Salzkammergut-Familien-Kalender 1927 (1927)

Ein Abenteuer NM Hochkar. 
Der „Wr. Forst- und Jagd-Zeitung" entnehmen wir nachstehende 
Erzählung 
Samstag, bei Tagesanbruch, war der neue Forstadjnnkt Berger, wel¬ 
cher erst kürzlich aus einem Flachlanörevier ins Gebirge versetzt worden 
war, auf der einsamen Jagdhütte am Hochkar aufgezogen, mit der erfreu¬ 
lichen Aussicht, eine ganze Woche fern vom Getriebe der schnöden Welt, 
in beschaulicher Einsamkeit zubringen zu dürfen, um dann wieder von 
seinem Kollegen Lutz abgelöst zu werden. Tagsüber hatte der junge Forst¬ 
mann beständig Gemspfade auf- und abkletternd, des edlen Weidwerks sich 
zu befleißen und in den Förster: nach dem Rechten zu sehen. Dafür winkte 
dem Müden des Abends in der Hütte ein gesundes, nach allen Richtungen 
und durch alle Fugen reichlich ventiliertes Schlafgemach. Das Bett bestand 
nur aus einem niederen Bretterverschlag, worin eine Schichte einst duftig 
gewesenen Heues lag, eben dicht genug, um blaue Flecken zu verhindern. 
Die einzige warme Mahlzeit des Tages, welche in zweckmäßiger Zeit¬ 
ersparnis Mittag- und Abendessen vereinigte, bereitete sich der Adjunkt 
selbst aus den Vorräten, die er für die ganze Woche im Rucksack herauf¬ 
geschleppt hatte. Diese Vorräte waren allerdings bereits sehr zusammen¬ 
geschmolzen, bestanden nur mehr aus wenig Schmalz und Mehl, doch 
Samstag winkte schon die Ablösung von diesem exponierten Posten. 
Am Freitag war Adjunkt Berger schon um die bürgerliche Essenszeit 
zum Schmarrnkochen heimgekehrt, da er mit nachmittags kommenden Kol¬ 
legen auf Wildererstreife sollte. Mit einem Seufzer der Resignation hatte 
er Mehl aus dem Sacke genommen und begann dasselbe mit Wasser abzu¬ 
rühren. Berger bot in seiner Erscheinung einen seltsamen Gegensatz 
zu der Handlung, welcher er sich mit mehr Eifer als Geschick hingab. Ans 
seinem Antlitz sprach ein heiterer und gesunder Sinn. 
Beim Abrühren sprach er vor sich hin: „Ja, ja, scheußlich, was ich jetzt 
hier oben schon treibe — im reinen Hauch der Lüfte . . . schauderhafter 
Kleister) meinen Todfeind möchte ich dazu einladen oder zumindest den 
Forstverwalter, der mich hieher geschickt." 
Er setzte über das Heröfeuer eine eiserne Pfanne und warf Schmalz 
hinein, welches bald lustig zu brodeln anfing. Dann schüttete er den Mehl¬ 
teig hinzu und begann emsig zu rühren. 
Plötzlich ward der halbgeöffnete Laden, welcher die Lichtluke der Hütte 
verschloß, aufgerissen, und zwei Gewehrläufe, dahinter zwei höchst frag¬ 
würdige Gesichter, lugten unheilverkündend herein. Bergers erste Be¬ 
wegung bestand darin, nach dem Gewehr zu eilen. 
„Halt!" rief aber im selben Moment der jüngere der beiden Männer, 
„keinen Schritt weiter, sonst kriegst du, ehe du zur Büchse kommst, statt dem 
Schmarrn zwei Schuß in deinen Mag'n!" 
Der Adjunkt mußte die Folgerichtigkeit dieser Drohung zugeben. 
Das Gewehr hing am anderen Ende der Hütte an einem Nagel und die 
Belagerer waren schon schußbereit. Er sah ein, daß solchen verwegenen,
	        
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