Volltext: Salzkammergut-Familien-Kalender 1926 (1926)

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„Dort drüben, auf dem hohen, von einem prächtigen Park 
umgebenen Hügel steht sein Heimatschloß,' er wäre der Erbe des¬ 
selben gewesen, hat aber auf alles verzichtet, nur um seinen 
Nächsten lieben zu können im Sinne Jesu Christi. Seelen zu 
suchen und Seelen zu retten ist jetzt seine Lebensaufgabe." 
Voll innerer Bewegung schlug ich an'meine Brust: „Der 
Graf hat viel mehr Demut und Liebe in sich, als der' Armen¬ 
häusler!" — 
III. 
Sowie sich mein Zustand gebessert, wurde die Gerichtsver¬ 
handlung anberaumt. Bei derselben stellte es sich allerdings her¬ 
aus, daß mà Vater in seinem Untersuchungsprozesse behauptet 
hatte, am Tage seiner Verhaftung um die beregte Jagdflinte — 
aus unerklärliche Weise — gekommen zu sein. Allein, man hatte 
ihm schon damals keinen Glauben geschenkt und tat dies nun sei¬ 
ner Witwe gegenüber erst recht nicht, vielmehr fiel sie in den Ver¬ 
dacht, das Gewehr versteckt gehalten zu haben. 
'Christel Hard beschwor seine Angaben mit einem Eide. Ich 
wurde für schuldig befunden — und verurteilt. 
Klaren, festen Blickes schaute ich dem Burschen in die Augen. 
Mit dem Sinken seiner zum Schwur erhoben gehaltenen Hand be¬ 
gann er heftig zu zittern, sein Gesicht wurde fahl — der Meineid 
drückte ihn schon. — Währenddem hielt der Arzt die Holzaxt, welche 
meiner Verwundung halber vorgelegen war, nochmals wie prü¬ 
fend in den Händen. Durch „Zufall" entglitt sie ihm und fiel 
hart auf dem Boden auf und jener eiserne Reif rollte vom Axt¬ 
stiel weg. Der als Kläger anwesende Forstwart bückte sich nach 
dem Instrumente und hob es mit einem Schrei der Ueberraschung 
auf. Der Stiel war gespalten, er ließ sich auseinander legen — 
und — zeigte von Innen eine Höhlung, aus welcher ein Weid¬ 
messer sowie ein Schächtelchen mit Schrot und ein solches, mit 
Schießpulver angefüllt, zum Vorschein kam. Die Höhlung war 
offenbar zur Verbergung einer kleinen Flinte geeignet, fvelche 
jedoch fehlte. 
Dies alles vollzog sich in dem Zeiträume von ein paar Minu¬ 
ten. Aller Augen richteten sich jetzt auf Christel, besonders aber 
diejenigen seines anwesenden Vaters. Nun war der Schüttelfrost 
und das Ztthneklappern an die beiden Herren Hard gekommen. 
„Ha, junger Mann!" sprach der Richter, „das Eingeweide 
Ihrer Holzhacke zeugt gegen Sie! Sie haben wohl selbst gewildert 
und soeben einen Meineid geschworen?" 
„Ja — ich bekenne mich beider Verbrechen schuldig!" gab der 
Angeredete zu. 
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