Volltext: Salzkammergut-Familien-Kalender 1926 (1926)

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„Ich schuldig? Hab meiner Lebtag kein Gewehr in den Hän¬ 
den gehabt!" 
„Da lügt der Hans Mahle!" schrie Christel Hards Stimme 
hinter mir. Er kam eben aus dem Dickicht über der Straße drü¬ 
ben heraus und trug eine Axt auf dem Rücken, die ich sofort als 
diejenige erkannte, welche seinerzeit einen Familienstreit im 
Hardschen Hause verursachte. Mir zog trotz des falschen Angriffes 
eine Freude durchs Herz,' nun konnte ich vielleicht mein Unrecht 
an Julchen gutmachen. „Ah, der' Christel! Bist von der Fremde 
zurück?" rief ich freundlich. 
Aber ich hatte meine versöhnliche Stimmung wieder einmal 
an die unrechte Adresse gerichtet. Christel wandte sich, ohne mich 
weiter zu beachten, an den Forstwart. „Der Hans lügt Sie ent¬ 
schieden an, Jäger! Sehen Sie, dort im Dickicht liegt eine frisch 
abgeschossene Flinte, und den Burschen sah ich vorhin aus- dem 
Gebüsch herausschlüpfen!" 
„Dieses Geschwätz ist mir zu dumm!" preßte ich mühsam her¬ 
vor und schickte mich an weiterzugehen. 
„Halt, junger Mann! Wenn die Sache fosteht, lasse ich dich 
nicht von der Stelle!" schrie jetzt der Jäger. 
Ohne mich an diese Worte zu kehren, schritt ich eiligst dem 
Ausgange des Waldes zu. 
Christel eilte mir, die Axt noch immer über der Schulter 
tragend, nach und suchte mich festzuhalten. Ich wehrte mich da¬ 
gegen. Schnell wie der Blitz hatte mein Feind seine Waffe nun 
in beide Hände genommen und holte zum Schlage gegen mich aus. 
Ich sprang vorwärts, um mich zu flüchten, doch wurde mein Hin¬ 
terhaupt noch so schwer getroffen, daß ich wie tot zu Boden fiel! 
Diesmal erwachte ich im Spital zu Altenstadt aus der To¬ 
desnacht zu dem erneuten schmerzlichen Bewußtsein, noch zu 
leben. — 
Meine leidende Mutter stand auch hier neben meinem Bette, 
aber unter Bewachung,' eine gerichtliche Urkundsperson beobach¬ 
tete sie und mich. Dennoch sprach sie liebevolle Worte auf mich ein. 
„Mein Besuch wurde mir im Tragkorb gebracht! Allein, er ist 
mir deshalb um so teurer. Gott wird --!" 
„Mutter, sprich mir nicht mehr von Gott, als dem Belohner 
des Guten und Bestrafer des Bösen. Ich glaube nicht mehr daran. 
Die Zieglergesellen in der schmutzigen Lehmhütte draußen Haben 
recht, die sagen einfach: Das gibt's nicht!" 
Die todesblasse Frau kam zu keiner Gegenrede. Der Mann 
des Gesetzes hatte die Wiederkehr der Besinnung bei mir bemerkt 
und es begann daher sofort eist Verhör, bei welchem die Mutter 
nicht anwesend sein durfte. Vor allem wurde mir eine Flinte
	        
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