Volltext: Salzkammergut-Familien-Kalender 1926 (1926)

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tut mir weh, daß du mich hassest, wo ich dir doch nie einen Grund 
dazu gab!" 
Er warf mir einen bösen Blick zu und schrie mir das Wort 
„Hund" in das Ohr. Dann ging er. 
„Wie, du bedauerst deinen Peiniger?" rief mir einer der 
Zieglergesellen zu. 
„Um Jesu willen!" antwortete ich. Der Erfolg dieses Be¬ 
kenntnisses war, ein Hohngelächter non seiten der ganzen Lehm- 
hüttenmannschaft; keiner von allen hatte auch nur einen Funken 
von Glauben in sich. Herr Hard fragte nur nach der Geschäfts¬ 
tüchtigkeit seiner Leute, alles übrige war ihm Nebensache. Er 
selbst ging Jahr aus, Jahr ein nie in eine Kirche. 
Nach dem Ofenunfall gab mir mein Meister ein namhaftes 
Schmerzensgeld mit nach Hanse. 
Von Christels Abreise an hatte ich in der Ziegelhütte ein 
erträglicheres Leben,' die Leute wagten es nicht mehr, mich offen 
zu quälen. 
Es flössen nun einige kurze Jahre des ruhigen Erwerbs für 
mich dahin, welche ich als wahre Glückszeit betrachtete. Da trat 
mit einem Male eine Aenderung ein. Der langsame Verlauf der 
schmerzlichen Krankheit meines Vaters ging durch irgendeinen 
Zwischenfall in einen schnellen über. Vollständig bekehrt sah er 
mit Ergebung dem Tode entgegen. Ich war wie zerschmettert 
beim Anblicke des der Auflösung nahen Kranken. 
„Hans!" hauchte er mir in das seinem Munde nahegelegte 
Ohr: „Mein lieber Hans! Ich sterbe ruhig, weil.ich deine Mutter 
versorgt weiß. Die Antwort auf deine damalige Frage bin ich dir 
aber noch schuldig!" 
„O Vater, verzeihe sie mir!" bat ich. 
„Ist längst geschehen. Aber nun paß auf! Den Jäger hab 
ich, Gott sei Dank, nicht erschossen, und beim ersten Wilddiebstahl 
wurde ich ertappt. Hingegen habe ich deine Mutter und dich un¬ 
glücklich gemacht,' ein Faustschlag von mir war es, welcher damals 
dein Gehör zerschmetterte." 
„Mache dir doch darüber keine Selbstvorwürfe! Gott hat di.es 
alles sicher zu unserem Besten gelenkt!" 
„Mir zur Reue und Bekehrung", seufzte er. Bald darauf 
begann der Todeskampf und Gott erlöste einen armen Büßer von 
seinem schweren Leiden.. 
Sofort nach der Beerdigung des Vaters begab ich mich wie¬ 
der nach der Ziegelhütte. Als ich das schöne, weißgetünchte Wohn¬ 
haus der Familie Hard und neben demselben die fast endlos lange 
Arbeitshütte vor meinen Augen auftauchen sah, stellte ich Ber¬
	        
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