Volltext: Salzkammergut-Familien-Kalender 1921 (1921)

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Nun war der Tag gekommen wo Sidi-beu-Abdnllah -vor dein 
Angesichte des Kadi erscheinen mußte. 
„Wie heißt du?" begann der Kadi. 
„Allah ist Allah und Mohammed ist sein Prophet", antwor¬ 
tete der Angeklagte. Beim Anhören der heiligen Worte verneig¬ 
ten öer Kadi und alle Anwesenden tief ihr Haupt. 
,/Gs ist gut, daß du den heiligen Namen ausgesprochen hast. 
Doch ich frage, wie du dich nennst", sprach der Kadi. 
„Allah ist Allah und Mohammed ist sein Prophet", wieder¬ 
holte salbungsvoll Sidi-Hen-Abdallah. Neues Kopsverneigen aller 
Anwesenden. Dann sprach der Kadi: „Jetzt handelt es sich darum, 
wie du heißest, wo du dich aushältst und weshalb du den from¬ 
men Derwisch so greulich geschlagen hast?" 
Sidi-beu-Abdallah hatte darauf nichts zu entgegnen als: 
„Allah ist Allah und Mohammed ist sein Prophet". 
Der Kadi darauf: „Bist du verrückt? Antworte aus die 
Frage, wie du heißt?" 
Der Angeklagte brachte aber wieder nichts anderes heraus 
als „Allah ist Allah und Mohammed ist sein Prophet". 
Da ward der Kadi süchtig, griff nach seinen zwei Pantoffeln, 
welche er beim Eintritte in den Gerichtssaal abgelegt hatte und 
warf sie dem Sidi-ben-Abdallah aus den Kopf. 
Dieser aber bog eilends das Haupt, wich dem Wurfe aus und 
sing geschickt das richterliche Wurfgeschoß mit seinen Händen auf. 
Dann küßte er respektvoll die Pantoffel des Kadi, stellte sie neben 
sich und begann also: „Ehrwürdiger Kadi, gerechter Richter, Auge 
des Sultans, Posaune des Propheten. Allahs Segen ruhe auf dir. 
Gerechter Kadi, du wurdest erzürnt, über deinen Knecht, da er 
o i e r m a l den heiligen Koranspruch wiederholte; und wie kannst 
du verlangen, daß ich, ein Sünder und unwissendes Kamel e i n- 
llndvierzigmal die gleiche, mutwillig gestellte Frage, wie¬ 
viel das Hammelfleisch kostete, ohne Zorn und Aufregung beant¬ 
worten soll? Herr, rechne es mir nicht als Sünde an, sondern 
etze mein Vergehen aus Rechnung meines hohlen Kopses." 
„Bei Allah, du bist frei", entschied der Kadi, nahm seine Pan- 
ofsel aus Sidi-ben-Abdallahs Händen, zog sie außer dem Saale 
>n und begab sich nach Hause. 
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