Volltext: Salzkammergut-Familien-Kalender 1921 (1921)

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„In welcher Stimmung befindet sich denn Her Herr neben¬ 
an?" fragte er den Kellner, der nach einer Stunde mit dem fast 
unberührten Abendessen aus Vollmanns Zimmer kam. 
„Wie mir scheint, nicht in der besten. Nur die Flasche mit dem 
vorzüglichen Sherry hat er behalten. Er hat sich auch jeden Besuch ; 
für heute verbeten." 
Sigert triumphierte. Er schlich an die Tür seines Nachbars. 
Deutlich vernahm er das leise Klirren des Geldes. Er Holte sich 
einen handfesten Burschen — diesmal wollte er selber die Polizei 
spielen — der ihm versprechen mußte, nicht eher zu Hilfe zu eilen, 
als bis er zweimal „Polizei" gerufen hätte. 
Er klopfte laut und öffnete rasch, ohne eine Antwort abzu¬ 
warten. 
„Guten Abend, Herr Kollege! Nun, stimmt die Summe? Ich 
komme, mir die 15.000 Mark zu holen", sprach er mit lauter, sie- > 
gesfroher Stimme. 
„Herr Sigert, was fällt Ihnen ein?" entgegnete Vollmann 
mit erheuchelter Kaltblütigkeit, wandte sich halb Herum und schoß 
seinen Revolver auf Sigert ab. Die Kugel pfiff hart an dessen 
Kopfe vorbei. Als Vollmann seinen Fehlschuß bemerkte, schleu¬ 
derte er den rauchenden Revolver auf den Tisch und sprang auf 
den Verwalter, um ihn zu Boden zu ringen. 
Mit Whnem Griffe riß dieser dem Diebe den falschen Bart 
aus dem Gesichte. 
„Hilfe! Hilfe! Polizei, Polizei!" rief nun laut der Ver¬ 
walter. 
Es entspann sich ein kurzes Ringen. 
Jetzt holte Sigert aus, und mit aller Kraft und Gewalt 
schleuderte er den Kassendieb zu Boden, schlug dabei mit aller 
Wucht ausfein eigenes Bett von Nußbaumholz und-erwachte. 
„Aber Wilhelm! was ist dir? Was Hast du mit 15.000 Mark 
und warum schreist du nach der Polizei? Willst du mich etwa fest¬ 
nehmen lassen?" fragte die junge, schöne Frau des Kassenverwal¬ 
ters, die ängstlich und doch lächelnd an das Bett ihres Mannes ge¬ 
treten war. 
„Ach, liebe Gertrud, du? Gott sei Dank, daß es nicht Wahr¬ 
heit ist. Ich hatte nur so schrecklich geträumt." 
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