Volltext: Salzkammergut-Familien-Kalender 1920 (1920)

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sie sich nochmals zu einem kurzen 
Gebet vor dem Bilde der allerseligsten 
Jungfrau, der Patronin Ungarns, 
nieder, dann setzte sie sich an ihren 
Schreibtisch und schrieb an den Grafen 
Radany folgenden Brief: 
„Hochgeborner Herr Graf! 
Nur ungern komme ich, Sie zu 
belästigen. Aber das, was ich Ihnen 
s zu sagen habe, duldet keinen weiteren 
^ Aufschub.H Sie haben sich so weit 
gefehlt hat, so war er ein Verführter 
und hat es aufrichtig bereut. Sie 
haben Verrat an einem Unglück¬ 
lichen begangen. Ich muß Sie ver¬ 
abscheuen. Ich weiß auch, warum 
Sie es getan haben, und das ist es 
eben, was mich vor Ihnen schau¬ 
dern läßt. 
Auch in unseren Ansichten über 
Menschenwert, Menschenrechte und 
Nächstenliebe sind wir himmelweit 
auseinander. 
Reue Jagdmethode. 
vergessen, über mich, Ihre Verlobte, 
Arges zu denken, ohne zu bedenken, 
daß die Tochter des Grafen Magya¬ 
rossi selbst wissen und bestimmen 
muß, was sich mit ihrer Ehre ver¬ 
trägt. Das würde ich Ihnen übri¬ 
gens gerne von Herzen verzeihen. 
Aber Sie haben in der Leidenschaft 
eines falschen Argwohnes, der in 
nichts berechtigt war, und aus ge¬ 
kränktem Hochmut, dem ich eben¬ 
falls keinerlei Berechtigung zuge¬ 
stehen kann, den armen, kranken 
Sohn eines unserer treuesten Diener 
ohne jeden dringenden Grund dem 
Kriegsgerichte überliefert. Wenn er 
Ich sende Ihnen hiermit den 
Verlobungsring zurück, Herr Graf. 
Sie waren unter den vielen Be¬ 
werbern der einzige, dem ich von 
Herzen zugetan war und dem ich 
meine Freiheit gerne zum Opfer 
gebracht hätte. Ich habe mich in 
Ihnen getäuscht und ich will es 
nun besser machen. Machen Sie 
keinen Versuch, mich umzustimmen- 
noch ehe Sie dieses Schreiben er¬ 
halten, bin ich an einem Orte, wo¬ 
hin Sie Ihre Schritte nicht lenken 
können und wo ich sicher sein werde 
vor den Enttäuschungen der Welt 
und den Heimtücken ihrer Leiden- 
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