Volltext: Salzkammergut-Familien-Kalender 1920 (1920)

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fortreißen und verließ das stille Semi¬ 
nar, wo er sich zur theologischen Lauf¬ 
bahn vorbereiten sollte, um nach der 
Meinung seiner erhitzten jugendlichen 
Einbildungskraft das bedrohte Vater¬ 
land retten zu helfen. Die sreimaurer- 
ischen Führer, die jene traurigen Zu¬ 
stände über Ungarn gebracht, wußten 
eben auch dazumal schon naive Ge¬ 
müter zu verführen und zu verblen- 
> 
der aufständischen Armee hatte, er¬ 
barmte sich des armen Verwundeten. 
Sie nahm ihn in ihr Haus auf und 
verpflegte ihn auf das sorgfältigste. 
Als General Klapka den Entschluß 
zu erkennen gab, die Festung zu über¬ 
geben, war Stephan bereits wieder 
auf der Besserung begriffen. 
Da sich das Gerücht verbreitet 
hatte, daß den Offizieren des auf- 
Aus vergangener Zeit. 
Der „Traimer"-Hafeii des Herrn Kapitäns Johann Kagerer in Gmunden. 
den, indem sic ihre bösen Absichten 
hinter schönen Phrasen verbargen. 
Stephan machte die ganze Revo¬ 
lution mit, er war bald Offizier ge¬ 
worden und befand sich zuletzt als 
Oberleutnant in der hartbedrängten 
Festung Komorn. 
Er war tapfer, wagte sich bei den 
Verteidignngskämpfen zu weit vor 
und wurde durch eine feindliche Kugel 
schwer getroffen. 
Das war aber für den Augenblick 
wohl ein Glück zu nennen. Eine ältere 
Witwe, die in der Festung ein Häus¬ 
chen besaß und selbst einen Sohn unter 
ständischen Heeres seitens der Oester¬ 
reicher kein Pardon gewährt würde, 
faßte er den Plan, noch vor der Ueber- 
gabe Komorns daraus zu entfliehen. 
Die Witwe, die um das Leben ihres 
Pfleglings noch mehr besorgt war, als 
er selber, bestärkte ihn in diesem Ent¬ 
schluß,- sie schenkte ihm einen Zivil¬ 
anzug ihres Sohnes und unterstützte 
ihn bei Ausübung seines Vorhabens 
so umsichtig, daß er wirklich ohne er¬ 
kannt zu werden, aus der umlagerten 
Festung entkam. 
* * *
	        
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