Volltext: Salzkammergut-Familien-Kalender 1917 (1917)

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Der Wellkrieg. 
Ein Rückblick ins zweite Kriegsjahr. Vom Juli 1915 bis September 1916.) 
lieferungen des „neutralen“ Nordamerika 
versorgen kann. Als der erfolgreiche deut— 
iche Unterseebootkrieg gegen England be— 
gann, stellte sich Amerika ziemlich offen⸗ 
undig auf seiten Englands. Auf fast al— 
en französischen und englischen Dampfern 
uhren trotz der amtlichen deutschen War— 
tung einige amerikanische Pflichtexem— 
plare mit. Wurde das Schiff dann torpe— 
diert und' fielen diese Amerikaner ins 
Wasser, so hatten Wilson und sein Freund 
Lansing einen „Fall“. Am krassesten trat 
die amerikanische Tendenz bei dem franzö— 
ischen Dampfer „Susser“ zutage, der im 
danal angeblich durch ein Torpedo zer⸗ 
tört wurde. Der „Susser“Fall spitzte sich 
derart zu, daß die Vereinigten Staaten 
ogar mit dem Abbruch der diplomatischen 
Beziehungen zu Deutschland drohten. Die 
deutsche Regierung hatte jetzt zwischen 
zwei Uebeln zu wählen; sie zog es vor, 
den Tauchbootkrieg zu beenden. Wenn 
iber England die größten Seeräubereten 
selbst auf amerikanischen Dampfern vor— 
nahm, begnügte sich Wilson mit einem lee— 
ren Protest, auf den er meistens erst nach 
Relen Monaten immer eine abs agende 
Antwort erhielt. Dieses zweierlei Maß 
vird sich das deutsche Volk für immer ge 
nau merken. 
Der Konflikt mit Mexiko, der Amerika 
giele Sorgen machte, ist vorderhand wie— 
der beigelegt. 
Wir lassen nun das für uns so glän— 
zend verlaufene zweite Kriegsjahr nach 
dem Laufe der Ereignisse kurz an unseren 
Lesern vorübergletten. 
In der Rückeroberung dergalizifschen 
Hauptstadt Lemberg am 2. Junß die wir 
m vorjährigen Kalender noch mitteilen 
onnten, erblickte man auch auf gegneri— 
her Seite den Anfang vom Ende der 
Russenherrschaft in Galizien. Und es kam 
auch so. Zwei Tage später überschritt be— 
reits die Armee des Generals von Linfin— 
gen den Dnjestr. Im San- und Weichsel— 
vinkel wurden die Russen ebenfalls bis in 
die Sanstellung zurückgedrängi.Am 
26. Jumi wurde Chodorow geftuͤrmt und 
unsere Heeresleitung konnte an diesem 
Tage berichten, daß die ganze russische 
Front im Wanken warr. 
„Im, Westen wurde auf dem rechten Flü— 
gel bei Arras und Dixmuiden gekämpft. 
Auf dem linken Flügel wurden die Maas— 
höhen heiß umstritten,am 2 Juni konnte 
die Höhe 631 bei Ban de Sapf von baye—⸗ 
— 233— Truppen erstürmt und gehalten 
Wer hätte vor einem Jahre gedacht, 
daß der Weltkrieg noch ins dritte Jahr 
hineindauern würde, als trotz des räube— 
lischen Ueberfalles des ehemaligen Bun— 
desgenossen Italien die Verbündeten in 
erfolgreicher Offensive die Trümmer der 
russischen Armeen vor sich herjagten? Viel 
wurde inzwischen die Friedensfrage erör— 
tert und mancher glaubte, daß der allge— 
mein mit Sehnsucht erwartete Friede im 
Jahre 1916 wieder seinen Einzug in Eu— 
ropa halten würde. Doch alle Hoffnungen, 
alle Wünsche waren vergeblich. Statt des— 
sen ist die Erbitterung und der Haß gegen 
uns noch wilder, noch ungezähmter gewor— 
den. Da unsere Feinde sahen, daß sie al— 
lein gegen unsere engere Waffengemein— 
schaft nichts ausrichten, daß im Gegenteil 
ihre stürmenden Massen immer wieder 
umsonst geopfert wurden und Tausende an 
der kraftvollen Wehr der österreichischen 
und deutschen Waffen verbluteten, ver— 
suchte es England mit seinen „silbernen 
Kugeln“. Tatsächlich gelang es ihm auch, 
noch einen Sklaven zu finden, in Portu— 
gal, wo die im englischen Solde stehende 
Freimaurerei so lange schürte, bis dieses 
Land als neuer Gegner auf den Plan trat 
und uns den Krieg erklärte. Bis jetzt 
haben wir aber noch keinen portugiesischen 
Soldaten auf dem europäischen Kriegs— 
schauplatz zu sehen bekommen. 
Dasselbe Unglück war neben anderen 
Kleinstaaten, die trotz mannigfacher Wüh— 
lereien, Bestechungen und Einschüchte— 
rungsversuchen noch neutral blieben, auch 
Bulgarien vermeint. Zar Ferdinand 
und sein Volk erkannten aber an ihrer 
eigenen Geschichte und an dem Serbiens, 
Montenegros und Belgiens, was für ein 
Los sie selbst bei einem Sieg unserer Geg— 
ner erwarten würde und entschieden sich 
daher im Herbst 1915 mutig und entschlos— 
sne, Freud und Leid mit uns zu teilen, so 
daß durch die rasche Niederwerfung der 
feindlichen Balkanvölker mit einemmale 
eine enge Verbindung mit der verbünde— 
ten Türkei hergestellt war. Die englische 
Diplomatie hat also hier eine entscheidende 
Niederlage erlitten. 
Ebenso fruchtlos waren die Bemühun— 
gen, Amerika in den Weltkrieg hineinzu— 
ziehen; nur den einen großen Erfolg ha— 
ben die Briten zu verzeichnen, daß der ver— 
schärfte Unterseebootkrieg den Vereinigten 
Staaten zuliebe eingestellt werden mußte, 
so daß England sich wieder ungestört miit 
den reichlichen Waffen- und Munitions—
	        
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