Volltext: Salzkammergut-Familien-Kalender 1915 (1915)

86 
und konnten dann auch am besten die 
Anzeige von dem Unglücke machen. 
Weiß der Himmel, wie der Gemeinde- 
rat just in den Tannenforst geriet, als 
er seine Tochter suchte." 
„Weil der Vater jene Lichtung als 
meinen Lieblingsplatz im Sommer 
kannte", siel Meta ein, „und nun den¬ 
selben zuerst aufsuchte." 
„So wird's sein, nickte der Kranke, 
der sichtlich schwächer wurde und sich 
nur mit übermenschlicher Kraft noch 
einmal aufraffte, „ja, ja, Herr Oder- 
stedt, mich verwundert nur, daß Sie 
nicht als Zeuge wider meinen Sohn 
auftraten, da sie doch jedenfalls alles 
mit angesehen haben." 
„Ihr Gatte ist noch sehr krank, liebe 
Frau Försterin!" wandte sich der Apo¬ 
theker, der sehr blaß geworden, an 
diese, „Sie hören, welche Tollheiten 
sein fieberndes Gehirn ausbrütet, die 
mein Herz ihm nimmer anrechnen 
wird." 
Meta hatte ihn inzwischen unver¬ 
wandt und forschend angeblickt ;als sie 
seine Blässe, seine verräterische Ver¬ 
wirrung bemerkte, drohte ihr Puls- 
schlag zu stocken,' was Sie nicht für 
möglich gehalten, schien ihr jetzt Wahr¬ 
heit zu sein,' der Mann, welcher des 
Toten jahrelanger Freund gewesen, 
und der es noch heute gewagt, um ihre 
Hand zu werben, ja, diese als ein Recht 
zu fordern, verschwieg das Zeugnis, 
um den Nebenbuhler aus dem Wege zu 
räumen. 
„Der Kranke ist völlig frei von Fie- 
berparoxismus", bemerkte Meta mit 
scharfer Betonung, „auch ich teile die 
Ueberzeugung, daß Ihr Zeugnis ein 
wesentliches Licht auf den Hergang des 
Unglücks werfen könnte, und wie Gott 
selber durch den Fund des Geldes, wel¬ 
ches mein Vater dem Angeklagten an¬ 
geboten —" 
„Wie, das Geld wäre aufgefunden?" 
unterbrach sie der Apotheker. „Von 
Ihnen vielleicht, Fräulein Meta?" 
„Nicht von mir, sondern von dem 
Herrn Förster selbst, vor seiner Er¬ 
krankung." 
„Ah so", lächelte Oderstedt gering¬ 
schätzig, „schade, daß dieser wichtige 
Fund so lange geruht hat, man wird 
jetzt seine Echtheit bezweifeln müssen 
Doch ich bitte um Entschuldigung, Sic 
so lange gestört zu haben", setzte er, sich 
der Türe zuwendend, hinzu, und 
wünschte gute Besserung, wie eine all¬ 
seitige gute Nacht. 
Er verließ mit auffälliger Hast das 
Vorhaus und eilte, von dem Gekläff 
der Hunde verfolgt, wie ein Verbrecher 
durch den Wald. Und war er denn nicht 
auch ein solcher? Brannte das nieder¬ 
schmetternde Wort des alten Mannes 
und noch vielmehr das der jungen 
Dame nicht wie Feuer in seinem Ge¬ 
hirn und Gewissen? 
Er wußte kaum, wie er durch den 
Wald und nach Hause gekommen,' Fie¬ 
berfrost und Hitze wechselten in dem 
durch die rasende Eile bis zum Sterben 
erschöpften Körper. Aber auch hier auf 
seinem einsamen Lager fand er keine 
Ruhe, keinen Schlaf. 
Unaufhörlich gellte ihm die Anklage 
des Kranken ins Ohr, dem er durch ein 
einziges Wort den Sohn zurückgeben 
konnte. Immer und immer wieder sah 
er Metas Blick auf sich gerichtet mit 
dem Ausdruck: Du bist der eigentliche 
Mörder! 
Er sah sich urplötzlich in ein Laby¬ 
rinth von Schuld hineingetrieben, aus 
welchem er keinen Ausweg mehr sah. 
Es war ein bejammernswerter Zu¬ 
stand, da der Apotheker kein wirklich 
schlechter, gewissenloser Mensch war, 
sondern nur durch die bis zur unheil¬ 
vollen Leidenschaft gesteigerte Neigung 
zu Meta zum Verbrecher hätte werden 
können. Auch hatte er keinen Augen¬ 
blick gezweifelt, daß diese angesichts des 
Defizits, welches den Namen ihres Va¬ 
ters mit Schande bedrohte, sowie des 
Mordes, welcher den Geliebten aufs! 
Schaffvt bringen mußte, freudig die 
rettende Hand ergreifen würde, welche 
er ihr so großmütig bot. Und nun 
schien sich urplötzlich das ganze Gewicht 
des blutigen Dramas auf sein Haupt 
wälzen zu wollen. Herr Oderstedt hatte 
nie 
Lil 
ve 
ge' 
sch 
Bc 
Bi 
stet 
no 
ve 
mi 
sch 
Ai 
die 
las 
ve 
wc 
ge: 
Re 
lei 
en 
da 
sch 
au 
an 
Fe 
oft 
aeh 
ser 
N 
der 
eir 
M 
tvl 
ich 
kel 
mi 
De 
die 
sei 
sto 
der 
ter 
An 
ihr
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.