Volltext: Salzkammergut-Familien-Kalender 1915 (1915)

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„Meta!" rief der Jäger über¬ 
glücklich. 
„Still, Karl!" flüsterte die Toch¬ 
ter des Gemeinderates, sich an seine 
Brust lehnend, „mir ist's, als müßten 
diese Tannen, die stillen Zeugen unse¬ 
rer treuen Liebe, uns verraten." 
„Was ist dir, Kind?" fragte Karl 
Walde, sie zärtlich küssend. „Wie du 
zitterst! — Die Kälte ist so groß, daß 
ich kaum auf dein Kommen hoffen 
mochte." 
„Ich habe dir so viel zu sagen, Karl! 
— Komm' laß' uns gehen, mich friert, 
obgleich im Herzen die Verzweiflung 
mir brennt." 
Der Jäger lehnte seine Flinte an 
einen Baum. 
„Sie ist geladen", sprach er, „der 
Vater wähnt, ich spüre im Mondschein 
den Füchsen nach." 
Er legte den Arm um die Geliebte 
und führte sie, ihren Worten lauschend, 
langsam weiter. 
Sie erzählte ihm, wie der Vater, 
vom Apotheker heimgekehrt, ihr mit 
dürren Worten den Antrag desselben 
mitgeteilt und das Jawort von ihr 
verlangt habe, wie er auf ihre be¬ 
stimmte Weigerung in maßlosen Zorn 
.geraten sei und mit Verstoßung, mit 
seinem Fluch gedroht habe. 
„Und was erwidertest du auf diese 
Drohung?" fragte der Jäger leise, als 
sie schwieg. 
„Ich weiß es nicht mehr", flüsterte 
sie; „ich bat, flehte um Aufschub, ich er¬ 
innerte den Vater an das Gedächtnis 
der seligen Mutter; — was dann ge¬ 
schah? — o, frage mich nicht, Karl, — 
ich glaube es war schrecklich genug, um 
mich hinauszutreiben in die Nacht an 
deine Brust!" 
„Ah, ich erratener hat dich mißhan¬ 
delt, um der Treue willen, die du mir 
bewahren willst. War es nicht genug, 
daß er mich wie einen Buben züchtigen 
wollte, als ich in -allen Ehren um dich 
warb? Mag der stolze Gemeinderat 
sich hüten, — es gibt eine Grenze, über 
die hinaus der menschliche Fürwitz sich 
nicht wagen soll, und ich fürchte, dein 
Vater hat diese Grenze bereits über¬ 
schritten." | 
„Nein, nein, Karl!" rief Meta angst- n 
voll, „du darfst nichts Böses sinnen . 
wider meinen Vater." 
„Das schwächste Geschöpf setzt sich r 
zur Wehre gegen seinen Feind!" mur- h 
melte der junge Mann. „Was aber 
sollen wir denn beginnen?" fuhr er 's, 
lauter fort, „ins Vaterhaus kannst du s, 
nicht zurückkehren! Komm, Geliebte, 
folge mir zu meinen Eltern, sie sind „ 
nicht grausam wie dein Vater und zür- , e 
neu mir nicht ob meiner Liebe zu dir." ( 
Fester legte er den Arm um sie, als 
wollte er sie schützen vor der ganzen 
Welt, und willenlos ließ sich Meta von p 
ihm leiten. h 
Da tönte ihnen plötzlich ein don- 5$ 
nerndes „Halt" entgegen; ein Mann, q 
in reichen Pelz gehüllt, trat auf das 4 n 
erschreckte Paar zu mit drohend erho- f, 
benem Arm. 
„Ehrvergessene! Hier treffe ich dich . l, 
mit dem Buben?" 
Meta erkannte erstarrt den Vater. 
Mit einem gellenden Angstschrei riß ü 
sie sich aus dem umschlingenden Arm u 
des Geliebten und floh entsetzt der st 
Stadt zu. u 
In dem Tannenforst raschelte es; zi 
wieder wie vorhin bei dem Füchslein, w 
diesmal war es indessen ein anderer 0 
Fuchs in der Gestalt des Apothekers u 
Oderstedt, welcher der Spur des Ge- d 
meinderates Hildberg treulichst gefolgt n 
und jetzt, bei der Flucht seiner künfti- lj 
gen Braut, in die peinliche Klemme ge- b 
raten war, sich als Spion zu bekennen a 
oder Meta in Gott weiß welches Un- a: 
heil rennen zu lassen. z< 
Das erstere trat seiner Ehre zu 
nahe und so entschloß er sich, das Ende dl 
des Dramas hier zu erwarten und E 
nötigenfalls dem Freunde gegen den ei 
gemeinschaftlichen Feind beizustehen. b, 
Dieses Drama, denn ein solches m 
sollte es wirklich werden, entwickelte H 
sich rasch genug. E 
„Ich will mich mit Ihnen in keine 
langen Erörterungen einlassen", be- vl 
gann Hildberg in schneidendem Tone, E
	        
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