Volltext: Salzkammergut-Familien-Kalender 1915 (1915)

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UevLr die neuen österreichisch-un¬ 
garischen Belagerungsgeschütze sei an 
dieser Stelle jetzt nur soviel gesagt, 
daß sie die Schöpfung österreichisch¬ 
ungarischer Konstrukteure und der 
heimischen Industrie sind. Nicht nur 
in Bezug auf Tragweite sind sie her¬ 
vorragend, sondern sie entsprechen 
auch noch insoferne den modernsten 
Anforderungen, als diese Geschütze 
durchwegs auf Motorwagen fortge¬ 
bracht werden. 
Der neue Papst. 
(Von einem hohen kirchlichen Würdenträger.) 
Das nach mehreren ergebnislosen 
Wahlgängen am 3. September 1914 in 
den Vormittagsstunden bekanntgewor¬ 
dene Resultat des am 31. August um 
6 Uhr nachmittags zusammengetrete¬ 
nen Konklaves hat, wie dies bei Papst¬ 
wahlen schon sprichwörtlich geworden 
ist, eine große Ueberraschung gebracht. 
Es ist auch diesmal wieder zur Tat¬ 
sache geworden: Wer als Papabile ins 
Konklave geht, kommt als Kardinal 
zurück. Die Wahl ist nicht auf einen 
der in den letzten Tagen vielgenann¬ 
ten Purpurträger Maffi, Gaspari und 
Ferrata gefallen, denen man bereits 
die auf sie entfallenden Stimmen nach¬ 
rechnete, wenn auch allerdings nur aus 
Grund bloßer Konjunktur, sondern 
auf einen, von dem bisher als Papa¬ 
bile nicht die Rede war, auf den erst im 
letzten Konsistorium am 25. Mai 1914 
zugleich mit Kardinal Piffl, Czernoch 
usw. kreierten Erzbischof von Bologna, 
Kardinal della C h i e s a. 
Die Wahl ist als ebenso glücklich wie 
als überraschend anzusprechen. Sprach 
man nämlich seinerzeit von zwei Mög¬ 
lichkeiten mit Rücksicht auf die Orien¬ 
tierung des neuen Pontifikates, eine 
mehr politische oder eine rein religiöse 
Orientierung, wobei man ziemlich all¬ 
gemein letzterer den Vorzug gab, so 
hat die Wahl des Kardinals della 
Chiesa zur geradezu glücklichsten Lö¬ 
sung des Problems geführt, da in der 
Person des neuen Pontifex sich beide 
Richtungen harmonisch vereinigen. 
Kardinal della Chiesa war bis zu dem 
Augenblicke, als er den erzbischöflichen 
Stuhl von Bologna bestieg, in der 
kirchlichen Diplomatie hervorragend 
tätig- doch so, daß er auch in seiner 
Eigenschaft als kirchlicher Diplomat 
nie der Ausübung der Seelsorge, so¬ 
weit ihm dazu Zeit und Möglichkeit 
geboten war, entsagte. Derselbe Mann, 
der seinerzeit das unbeschränkte Ver¬ 
trauen Rampollas besaß und als seine 
rechte Hand bezeichnet werden konnte, 
hat die Muße, die ihm seine Aemter 
ließen, stets dazu verwendet, Beicht zu 
hören, zu predigen und mit Liebe und 
Hingebung alle Funktionen der Seel¬ 
sorge auszuüben, bis ihn die Erhe¬ 
bung auf den erzbischöflichen Stuhl 
von Bologna ganz aus dem Mutter¬ 
boden der Diplomatie ins Reich prak¬ 
tischer Seelsorge auf verantwortungs¬ 
vollen Posten versetzte. Könnte man 
sich glücklichere Auspizien für ein neues 
Pontifikat in den so schwierigen poli¬ 
tischen und vielfach auch religiösen 
Verhältnissen denken, wie der allge¬ 
meine Weltkrieg sie bedingt hat! 
Doch besser als alle Erörterungen 
spricht ein kurzer Blick auf den bisc¬ 
herigen Lebenslauf des Papstes mit 
seinen verschiedenen Phasen über die 
Bedeutung seiner Erhebung zur höch¬ 
sten kirchlichen Würde. Marquis Gia- 
como della Chiesa wurde am 21. Nov. 
1864 zu Pegli bei Genua als Sproß 
einer alten markgräslichen Familie 
geboren. Nach Vollendung seiner 
Gymnasialstudien im benachbarten 
Genua und des Jusstudiums auf der 
dortigen Universität, das er im Jahre 
1874 mit seiner Promotion zum Dok¬ 
tor utriusque juris schloß, trat er ins 
Kollegium Cabranica ein, um sich nach
	        
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