Volltext: Salzkammergut-Familien-Kalender 1915 (1915)

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schwiegen Blitz und Donner, es hörte 
auf zu regnen. Die Nebel flogen feucht 
und kalt über die Höhen hin und leg¬ 
ten sich als Hülle auf die Felsen und 
Matten. 
Die Wasser stürzten zu Tal, brau¬ 
send und wild, die Schluchten und 
Klüfte hinab. Sie trieben Geröll und 
Holz mit sich. 
Der Senn hatte sich zur Ruhe be¬ 
geben, der Bub schon früher. 
Oben nahe am Kogel wurde der 
Weg gefährlich. Langsam schritt der 
Bub hinter dem Senner nach. 
Es war ein wunderbarer Morgen. 
Die Berge im Umkreis glühten im 
Alpenrot. Grell stach den beiden die 
glitzende Sonne in die Augen. 
Hier hatte gestern das Sturmgewit¬ 
ter so furchtbar gewütet, heute liegt 
alles so still wie ein Friedhof. 
Das geübte Auge des Senners 
Drr von ürn Serben hrihersrhntr Wrighsftn Dntivsri. 
Um drei Uhr wachte der Senn auf. 
Er weckte den Buben. 
„Toni, ich geh hinauf zum Kogel. 
Mir hat so schwer geträumt. Ich hab 
ihn gesehen und mir kam vor, ich kann 
ihn retten." 
„Aber allein gehst nicht, ich gehe 
mit." 
„Dann gehst mit. Zuerst beten wir 
den Morgensegen, dann in Gottes Na¬ 
men. Wir tun's ja nicht im Stolz oder 
Uebermut, seiner Seele zu lieb soll's 
geschehen." 
Sie nahmen, nachdem sie gebetet, 
Weihwasser und gingen. Was sie für 
die Rettung nötig hielten, nahmen sie 
mit. So stiegen sie auf. Der Senn 
kannte Weg und Steig. 
schweift über die Hochgründe hin. Keine 
Spur von einem Menschen! 
Der blaue Himmel liegt über dem 
Kogel. Er scheint sich fast zur Fels¬ 
kuppe niederzuneigen, als ob er ihr 
die Schauer der Wetternacht mit wei¬ 
chem Atem von der Stirne küssen 
wolle. 
Der Senner ruft. Seine Stimme 
klingt über die Gerölle hin. Keine 
Antwort. 
„Er ist tot", sagte der Senner. 
Sie stiegen gegen die Kluft vor, die 
sie von der höchsten Kuppe noch trennt. 
In die Lüfte ragt ein Strunk der 
zerschellten Tanne. 
„Schau, Toni, die Tanne hat der 
Blitz getroffen. Da muß das Wetter 
noch schärfer gewesen sein als unten."
	        
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