Volltext: Salzkammergut-Familien-Kalender 1915 (1915)

127 
Der letzte Salzfuhrmann oder 
Einst und fetzt. 
Am 6. August schied Herr Ignaz 
D r u ck s e u ch t e r, Bauer in Reith, 
Pfarre Maria am Kumitz, in die Ewig¬ 
keit hinüber im 83. Lebensjahre. Er 
war die markanteste Erscheinung in 
unserer Kirche. Die Samtweste, mit 
einer langen Reihe blanker Silber¬ 
knöpfe, das grüne Käpplein, der dunkle 
Tuchrock, standen ihm einzig gut. Be¬ 
vor er den Besitz antrat, befuhr er 
viele Jahre die Salzstraße von Anssee 
bis Graz und weiter hinunter als 
fescher Salzfuhrmann, angetan mit 
dem blauen Staubkittel, in der rechten 
Hand die lange Peitsche, auf dem Hut 
die rote Nelke mit der obligaten Ros¬ 
marinfeder, der Spende einer flinken 
Kellnerin, wenn der „Naz" — wie ge¬ 
bräuchlich — manchen Silberzwanziger 
als Trinkgeld für prompte und freund¬ 
liche Bedienung in ihre Hand gleiten 
ließ. Ins Unterland lieferte er das 
Ausseer Salz, von unten herauf führte 
er Buttenberger-, Saufaler-, Marbur- 
ger Weine, Getreide, Schmalz, Bohnen, 
alles echt und unverfälscht, wie es der 
liebe Himmelvater erschaffen hatte. Die 
Familien erhielten nur echteLebensmit- 
iel, darum waren auch die meisten Kin¬ 
der vor zirka 50 Jahren kräftiger und 
ihre roten Wangelein erfreuten jeden 
Kinderfreund. Die gelblichen — Kaffee- 
oder Teegesichtlein — zählten damals 
noch zu den Raritäten. 
Es waren damals glückliche Jahre, 
in welchen der Grundsatz galt: „Billig 
und echt, und Leben und leben lassen." 
Ein Pfund Fleisch kostete 28 bis 32 
Kreuzer, ein Pfd. Wild meist 16 Kreu¬ 
zer. Die Preise haben sich also bis jetzt 
ganz bedeutend geändert. Die Salz¬ 
fuhrleute lebten damals sogar vor¬ 
nehm. Das Geschäft machte sie geld¬ 
kräftig; sie gehörten quasi so zur Fami¬ 
lie der reichen Ausspannwirte. Ohne 
eigens anzuschaffen, setzten sie sich zum 
„Herrentische". Da gabs jeden Tag, 
mit Ausnahme der Fasttage, gut sicht¬ 
bare Bratenstücke, kräftige Suppen und 
andere Zutaten und schwere Weine. 
Nach dem Abendessen wurde gemütlich 
geraucht, gespielt und Neuigkeiten auf¬ 
getischt, denn die Fuhrleute waren da¬ 
mals die lebendigen Zeitungen; manche 
Kellnerin wurde mit einem vermeint¬ 
lichen Bräutigam gefoppt, manche aber 
auch sehr glücklich verkuppelt. — Am 
nächsten Tage mußte der Haus- oder 
Stallknecht die Pferde sehr zeitlich füt¬ 
tern, die Kellnerin stand mit dem Früh¬ 
stück, mit der Kreide und Tafel parat; 
es wurde die ganze Zeche blank be¬ 
glichen und in Gottes Namen weiter- 
Lrcherzog Friedrich. 
gefahren. Bauern-, Fuhr- und Ge¬ 
werbeleute lebten behäbig und zufrie¬ 
den; sogar die reisenden Handwerker 
sangen oft fröhliche Lieder und grü߬ 
ten freundlich jedermann, der Fürbaß 
schritt. Und welchen Blick erhält man 
jetzt öfters!? 
Fast alle Alpen waren damals von 
fleißigen Sennerinnen besiedelt und 
heute kann man eine solche schwerer er¬ 
gattern, als wie zehn Stubenmädchen. 
Damals entdeckte man auf den Almen, 
respektive in den Hütten, eine Fülle 
von Milch, Rahm, Butter und Käse, 
und wenn dann im Herbste die Rinder 
mit den bekränzten Hörnern heim¬
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.