Volltext: Salzkammergut-Familien-Kalender 1915 (1915)

„Wir müssen halt recht für ihn be¬ 
ten, damit ihn die Muttergottes nicht 
ganz verlasse. Mehr können wir nicht 
tun." 
Sie wollte ihrem Manne nicht zei¬ 
gen, wie schwer ihr ums Herz war. 
Als sie vor dem Schlafengehen mit dem 
gemeinsamen Abendgebete fertig wa¬ 
ren, fingen sie wie auf Verabredung 
noch den Rosenkranz an, und so geschah 
es Tag für Tag. 
sie mühsam erworben, dem Sohne und 
er? — 
Aber schreiben konnten sie ihm noch, 
das war der einzige Weg zum Herzen 
ihres verlorenen Kindes. 
Der Vater nahm Feder und Papier 
und schrieb: 
Lieber Paul! 
Deine Mutter und ich sind so 
traurig, weil wir erfahren haben, 
daß du unsern lieben katholischen 
Lxplosion auf rinrm russischen Oamerschiff. 
Beide wußten es, wem er galt, und 
auch die Muttergottes wußte es. 
Wie gern wären sie zu ihm gefah¬ 
ren und hätten mit der ganzen Gewalt 
der Elternliebe an sein Herz gepocht! 
Wenn er des Vaters gebeugte Gestalt, 
ihre hart gearbeiteten Hände gesehen 
hätte, er müßte Mitleid mit ihnen 
empfunden haben und zu ihnen gleich 
zurückkehren. 
Sie gingen zum Kasten, suchten alle 
Schächtelchen und Läden aus, in wel¬ 
chem sie ihr Geld immer aufbewahr¬ 
ten, aber es war viel zu wenig. Kaum 
die Hälfte der Fahrt wäre damit ge¬ 
deckt gewesen. Sie gaben ja alles, was 
Glauben, für welchen wir zu sterben 
bereit wären, verlassen hast. Sv 
traurig sind wir, daß wir uns am 
liebsten hinlegen und sterben möch¬ 
ten. Aber das dürfen wir nicht, weil 
es noch nicht Gottes Wille ist, und 
wir für dich fleißig beten und leiden 
müssen, damit die Muttergottes dich 
zu uns wieder zurückführe. Wir bit¬ 
ten und beschwören dich, kehre um, 
damit du dir nicht zeitlebens den 
Vorwurf zu machen brauchst, du seiest 
an unserem Tode Schuld gewesen. 
Es grüßen Dich Deine tiefbetrüb¬ 
ten Eltern 
Alexander und Rosina Ebner."
	        
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