Volltext: Salzkammergut-Familien-Kalender 1914 (1914)

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Seppl tut es nicht mehr wehe. Gott 
hat es gewußt, warum er uns keine 
Kinder geschenkt hatte." 
Und mit einem gurgelnden Laut 
fiel sie leblos vom Stuhle herab. Als 
sie wieder zu sich kam, waren ihre 
Sinne umnachtet. Hilflos stand der 
Arbeitsbauer neben dem Bette seines 
Weibes und wie eine Donnerstimme 
Leben zu genießen. Und jährlich gehen 
sie mindestens zweimal in den Fried¬ 
hof hinaus, um an den Gräbern der 
vorigen unglücklichen Besitzer zu beten. 
„Der Arbeitsbauer war wirklich zu 
bedauern," sagen die Nachkömmlinge 
mitleidig: „Insbesondere, als sein 
Weib noch auf ihre alten Tage ins 
Irrenhaus mußte. So war es auch 
1 M« 
1 MH 
Gefahrvoller Leruf: Lin Schlosser auf der Spihe beim Neubau des Woolworth-Gebäudrs 
in Irw-Gork. 
klang es in seinem Innern: „Gott hat 
es gewußt — er hat es gewußt." . . . 
Noch heute steht das Häuschen des 
Arbeitsbauers dort droben am Berge, 
aber helle Kinderstimmen erschallen 
von demselben das Tal hinunter. Es 
befindet sich wirklich in Händen von 
lachenden Erben, die aber genügend 
Zeit finden, neben der Arbeit auch das 
kein Wunder, daß er dann die Arbeit 
stehen ließ und zu trinken begann." 
„Und warum ist denn dieser Seppl 
gestorben?" frägt ein unschuldiger 
Knabe. 
„Weil — weil er zu seiner Mutter 
wollte," entgegnet sein Vater verlegen 
und nimmt ihm unwillkürlich die 
Schaufel aus der Hand . . .
	        
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