Volltext: Salzkammergut-Familien-Kalender 1914 (1914)

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M, 
ls Papierlampe entschwebt, die beiden 
"3 umtanzten. 
öe 3. 
,et Die Dezembersonne blinkte bereits 
an über den schneesilbernen Traunstein 
herüber und ihre Strahlen voraussen- 
iei öend, vergoldete sie die Gipfel des 
ad dunklen Holzes; leichte Wölkchen 
fix flohen voraus, als wollten sie der 
hg Hehren den Platz räumen. 
nc Bald war auch der Horizont frei 
und rein und es schwamm die Goldene 
in des Aethers reinstem Blau, sich 
vertausendfachend in den weiten 
Schneefeldern, in den Eisnadeln der 
^ Fichten und Tannen, in den kleinen 
1 Wellen des stolzen Sees. Leichte Schiff- 
! chen flogen hinauf nach Ebensee, ein 
sanfter Wind blähte die aufgespannten 
P Segel und unterstützte die Rudernden 
% in ihrer Bemühung; andere, schwerer 
,l' beladene, fuhren hinab nach Gmunden 
" und munter jubelnd sangen da die 
ei1 Schiffer ihre Lieder, fröhlich schlugen 
sie mit dem schweren, knarrenden Ru- 
o* der den Takt und fröhlich riefen sich 
die Begegnenden den Morgengruß zu. 
as Mutter Life stand am äußersten 
>ie Ende des Holzschlages und spähte sorg- 
rtö lich bald zur Linken den Weg nach 
dj, Gmunden hinab, wo sich bereits auf 
ne dem Platze alles in geschäftiger Eile 
u- regte, wo die Weiber und Dirnen ihre 
sie Stände mit dem Winter abgewon- 
a- nenen Grünwaren, mit Spätobst, But- 
u- ter, Milch und Käse aufrichteten, bald 
ei> spähte sie zur Rechten hinauf nach 
es Ebensee, wo das Holz geschichtet wurde 
r- zu Stößen und Klaftern, wo der Rauch 
n, von den Salzpfannen kreiselnd sich 
el erhob, — vergebens spähte sie rechts 
und links, sie erspähte ihn nicht, 
or Dumpf dröhnte es aus dem dunklen 
rg Walde von der schwerfallenden Axt 
r- des Holzschlägers, herüben und drüben 
:>> am See, das Echo vervielfachte die 
ü Schläge bis weit hinaus in die Ge¬ 
lt- birge; ihr Martin war nicht dabei, 
n- nicht mit unter den Emsigen, die sich 
ik mühten, ihr Brot zu verdienen — seine 
et Axt hing an der Wand — aber er war 
auch nicht daheim. 
Die Sonne haste ihren Lauf been¬ 
det, war verschwunden hinter den 
hohen Bergen des Salzkammergutes; 
ein dichter Nebel hatte sich auf dem 
See niedergelassen und eine düstere 
Nacht die Gegend umzogen. Der Fi¬ 
scher war heimgekehrt und erfreute sich 
nun der Ruhe im Kreise seiner Ange¬ 
hörigen; Der Holzschläger hatte seine 
blinkende Axt an den Nagel gehangen 
und erquickte sich jetzt, von der Tages¬ 
arbeit ermüdet, an dem, was die sorg¬ 
liche Wirtlichkeit seines trauten Wei¬ 
bes ihm aufgetischt hatte. 
Martin war immer noch nicht da. 
Bor dem Kreuz knieten die fünf 
Kinder und Mutter Life und sie beteten 
inbrünstig, daß der Allmächtige den 
Vater, den Gatten erhalten und den 
Verschwundenen heimführen möge. 
Innere Angst trieb sie, die Treue, oft 
wieder hinaus, um nach ihm zu 
schauen, doch vergebens, er kam nim¬ 
mer. Die Kleinen waren zur Ruhe ge¬ 
bracht, auch Life hatte sich auf das Bett 
geworfen, aber sie konnte nicht schlafen. 
Das Knistern des brennenden Holzes 
im Ofen, das Knarren der alten Föhre 
vor'm Fenster, das kleinste Geräusch 
schreckte sie auf. Endlich schloß ein 
leichter Schlummer ihre müden Augen¬ 
lider, aber ein grausen buntes Bild 
schwebte ihr da in wildem Traum vor: 
Sie und ihre fünf Kinder in reinlichen 
Festtagskleidern wallten hinab über 
den Berg unter lautem Beten und 
Singen. 
Eine widerliche. Gestalt, in ein 
schwarzes, mit flammroten Figuren 
und Schlangenbildern gesticktes Kleid 
gehüllt, sprang neben ihnen her und 
wollte durch allerlei komische Bock¬ 
sprünge die Aufmerksamkeit der Klei¬ 
nen auf sich ziehen und sie zum Lachen 
reizen. 
Aber sorgend wachte die Mutter 
über ihre Kindlein und eifrig fuhren 
diese fort im Beten und Singen. 
Darob erzürnte die häßliche Mißge¬ 
stalt und ein grimmiges Gesicht schnei¬ 
dend, mit der lang behaarten Faust 
ihnen noch fürchterlicher drohend, ver¬ 
schwand sie dann im Haselbüsche.
	        
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