Volltext: Salzkammergut-Familien-Kalender 1914 (1914)

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daß Knake, um nicht schwer zu tragen, 
lediglich nichts im Tornister trug als 
eine alte Bürste! 
Gottlieb Knake blickte gänzlich un¬ 
verfroren darein. „Zn Befehl, Exzel¬ 
lenz!" sagte er. 
„Packe mal aus, mein Sohn!" 
meinte Exzellenz. Diensteifrig sprang 
der Feldwebel hinzu und nahm dem 
Soldaten sein Gewehr ab, während er 
ihm zuflüsterte: „Sieben Tage Einzel- 
arrest sind dir sicher, Halunke, wenn 
die geringste Unordnung..." 
Aber Gottlieb Knake hatte gelassen 
seinen Tornister abgeschnallt und vor 
sich so auf den Boden gelegt, daß die 
Exzellenz nur die Rückseite dieses nütz¬ 
lichen Gepäckstückes erblicken konnte. 
„Zeige mal deine Kleiderbürste, 
mein Sohn!" befahl Exzellenz. 
„Zu Befehl, Exzellenz!" entgegnete 
Gottlieb Knake und fuhr mit affen¬ 
artige Geschwindigkeit in die Leere des 
Tornisters hinein, gleich darauf mit 
einer Bürste wieder ans Tageslicht 
kommend. 
„Recht so, mein Sohn, zeige mir 
nun auch die Schuhbürste!" 
Gottlieb Knake fuhr blitzschnell 
mit der Bürste in den Tornister hinein 
und kam im nächsten Augenblicke mit 
der gleichen Bürste wieder zum Vor¬ 
schein und zeigte sie zum zweitenmal 
vor. „Zu Befehl, Exzellenz!" sagte er 
und schaute dabei den gestrengen Herrn 
möglichst unbefangen an. 
„Recht so, mein Sohn", meinte die¬ 
ser schon besänftigter, und sich zum 
Kompagniechef wendend, fügte er hin¬ 
zu: „Der Mann scheint seine Sachen 
gut im Stande zu haben!" 
Selbstverständlich hatte sowohl der 
Kompagniechef als auch die „Mutter 
der Kompagnie" zu ihrem Entsetzen 
alsbald bemerkt, daß der perfide Knake 
beiöemale dieselbe Bürste vorzeigte. 
Die Haare stiegen ihnen aber auf dem 
Kopfe kerzengerade in die Höhe, als sie 
bemerkten, wie Gottlieb Knake jetzt 
zum drittenmal in den Schlund seines 
Tornisters fuhr und nochmals dieselbe 
Bürste unaufgefordert an das Tages¬ 
licht brachte. 
Auch Exzellenz blickte verblüfft auf 
die „dritte" Bürste in der Hand des 
Soldaten nieder. „Hm!" machte der 
gestrenge Herr, „was ist denn das für 
eine Bürste, mein Sohn?" 
„Meine Reservebürste, Exzellenz!" 
sagte Gottlieb Knake, während ein 
feierlicher Ernst auf seinem Angesichte 
ruhte. 
Der General räusperte sich. Der 
seltene Pflichteifer unseres Freundes 
schien ihn ganz zu erschüttern. Es fun¬ 
kelte etwas wie eine Träne der Rüh¬ 
rung hinter seinen Augenwimpern 
hervor. Er zog. die Börse und ent¬ 
nahm dieser ein Geldstück, welches er 
unserem Knake reichte. „Du bist ein 
braver Soldat, mein Sohn", sagte er 
mit weithin schallender Stimme: „da 
nimm und mach' dir einen vergnügten 
Tag dafür." 
Der Kompagniechef war sprachlos 
über diese Frechheit Knakes. 
„Fünf Tage Einzelarrest dem Ha¬ 
lunken!" flüsterte der Hauptmann 
dem Feldwebel zu, als der General 
mit lauter Stimme fortfuhr: „Mein 
Sohn, ich werde ein gutes Wort für 
dich bei deinem Herrn Hauptmann 
einlegen, daß er dich zum Gefreiten 
befördert... „Sehen Sie, meine Her¬ 
ren", fuhr er mit weithin schallender 
Stimme fort, indem er mit der ausge¬ 
streckten Rechten auf den im Glanze 
seiner Heldentat sich sonnenden Gott¬ 
lieb Knake wies, „das ist das Holz, 
aus welchem man die Unteroffiziere 
schnitzen muß... Ich danke Ihnen, 
meine Herren", wendete er sich an das 
gesamte Offizierskorps, ich muß ge¬ 
stehen, ich bin sehr, sehr befriedigt von 
der Besichtigung. Und Ihnen speziell, 
Herr Hauptmann, -gratuliere ich zu 
Ihrer Kompagnie' werde mich bei Ge¬ 
legenheit Ihrer Mannszucht und Ord¬ 
nung erinnern." 
Damit drückte Exzellenz dem Haupt- 
mann warm die Hand... Alles war in 
schönster Ordnung abgelaufen! 
Am Abend gab es Freibier im Ba¬ 
taillon. Der Hauptmann war beson¬ 
ders in seliger Laune, winkte sich den 
Gottlieb Knake heran und sagte zu
	        
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