Volltext: Salzkammergut-Familien-Kalender 1913 (1913)

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vie Schlange im Veti. 
Plaudernd saßen wir an einem schönen 
Mondscheinabend, wie man ihn nur in den 
Tropen kennt, auf unserer Veranda. 
Einige Freunde hatten sich noch bei uns 
eingefunden, und wie so oft, war auch 
heute das Gespräch auf Jagderlebnisse ge- 
kommen, denen mein Mann und ich so 
gerne zuhörten. Auch ich hatte, wenn auch 
kein schauriges Jagdabenteuer, so doch ein 
Erlebnis des heutigen Tages zum Besten 
gegeben, das für mich übel hätte ablaufen 
können. 
Auf unserem allabendlichen Spazier- 
gang bemerkte ich quer über dem Weg 
einen Gegenstand liegen, der sich in der 
Mondscheinbeleuchtung wie ein Ast aus- 
nahm. Beherzt wollte ich draustreten, 
wurde aber im letzten Moment von mei- 
nem Mann energisch an der Schulter ge- 
griffen und zurückgerissen. Im selben 
Moment richtete sich der vermeintliche Ast 
— eine IV2 Meter lange Puffotter — zi- 
schend auf und verschwand im nahen Ge- 
büsch. Im allgemeinen ließ ich mich nicht 
so leicht in Schrecken versetzen, aber eine 
Schlange konnte mir mehr Grauen ein- 
flößen, als das wildeste Tier. 
Nachdem wir noch manches Interessante 
gehört, trennten wir uns in später Nacht- 
stunde. Doch ich konnte lange nicht in 
Schlaf kommen, die Erzählungen unserer 
Freunde gingen mir immer durch den 
Kopf. Auch an das häßliche Reptil mußte 
ich öfter denken, und in diesem Gedanken 
mußte ich wohl eingeschlafen sein. 
Z War es der helle Mondschein oder 
meine erregte Phantasie, die mich so un- 
ruhig machten, denn bald wachte ich wie- 
der auf, und — — — träumte ich, oder 
sah ich recht? Ich wagte mich kaum zu 
bewegen nur ein nochmaliger Blick nach 
rechts überzeugte mich, daß ich mich nicht 
getäuscht hatte. Da lag quer über meinem 
Kopfkissen ein Schlange. Sie mußte 
ihren Kopf dicht unter dem meinigen lie¬ 
gen haben und regte sich nicht. Die Wärme 
tat sicher wohl. Wäre das Moskitonetz 
nicht gewesen, das mich rings herum fest 
einschloß, so hätte mich ein schneller Sprung 
aus meiner unglücklichen Lage befreit. 
Eine lähmende Angst überstel mich, was 
sollte ich tun? Sollte ich meinen Mann 
rufen, der einen so festen Schlaf hatte? 
Es wäre mein Verderben gewesen, das er- 
schreckte Tier hätte sicher den tödlichen Biß 
getan. Es blieb mir nichts anderes übrig, 
als mit größter Geschwindigkeit aufzu- 
springen, das andere Bettende zu errei- 
chen und das Moskitonetz aufzureißen. 
Das war alles die Ueberlegung eines 
Augenblicks. Noch einen Moment zögerte 
ich, dann sprang ich blitzschnell auf, — — 
einen Schrei des Entsetzens stieß ich aus, 
denn zu gleicher Zeit hatte sich auch die 
Schlange «emporgeschnellt. Noch einen Blick 
nach rückwärts warf ich, — — — und brach 
in ein schallendes Gelächter aus. Die fürch- 
terliche Schlange war nichts anderes als 
— mein Zopf, der diese Sinnestäuschung 
hervorgerufen hatte. 
vie Rosenöl-Fabrikation 
in Bulgarien. 
In Bulgarien, in dem Tal der Tund- 
scha, am Südabhang des Oeliki-Balkans, 
bei der Stadt Kazanlik, liegt das „Tal der 
Rosen", kilometerlange Felder, die nur mit 
Rosen bebaut sind. Die geschützte Lage an 
der Südseite des Gebirges ist für den An- 
bau der Rosen besonders geeignet. Rosen- 
öl-Fabrikation wird denn auch schon seit 
ungefähr 200 Jahren in Bulgarien be- 
König Friedrich VIII. von Dänemark. 
geb. 1843, Regierungsantritt am 29. Jänner 1906, 
gestorben am 15. Mai 1912. 
trieben. Angebaut werden die rote Rose 
(Rosa damascaena) und die weiße Rose 
(Rosa alba). Die Anbaufläche betrug im 
Jahre 1908 6340 Hektar, von denen jeder 
Hektar ungefähr 3000 Kilogramm Rosen- 
blüten bringt. 3000 Kilogramm Blätter er- 
geben 1 Kilogramm Rosenöl, das einen 
Ausfuhrwert von 700 bis 800 Mark hat, 
so daß die Kultur der Rose einen guten Ge- 
winn abwirft. Die Rosenernte fällt in die 
Zeit von April bis Ende Juni. Damit die 
Blumen ihren vollen Duft behalten, muß 
die Zeit der Reife genau abgepaßt werden. 
Vor Sonnenaufgang oder in den ersten 
Morgenstunden begeben sich Frauen und 
Kinder aufs Feld zum Schneiden der Blü- 
ten, die dann daheim in sehr einfachen Ap- 
paraten destilliert werden. Jeder Besitzer 
eines Rosenfeldes hat seinen eigenen 
Brennkolben und destilliert seine Blüten 
selbst. Die Destillation muß zweimal er- 
folgen, wobei zuerst das Rosenwasser und 
darauf das Rosenöl gewonnen wird.
	        
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