Volltext: Salzkammergut-Familien-Kalender 1913 (1913)

Rollstuhle, saß Lotte. Aus den großen, 
dunklen Augen und den lieben, blassen 
Zügen, die den Stempel des Todes trn- 
gen, sprach der täglich neue, doch stets 
erfolgreich durchgeführte Kamps einer 
großen Seele mit der Verzweiflung, 
dem Willen zum Leben und dem Schau- 
dern der Jugend vor dem Tode. 
Mit scheuer Ehrsurcht betrachtete 
Albert das Mädchen, das freundlich 
lächelte, als es Schritte hörte. 
„Das ist heute eine große Ueber- 
raschung für dich, Lottcheu," sagte die 
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Daun setzte sich Albert Woltram ne- 
ben Lotte und erst zaghaft, dann ent- 
schloffen, begann er die fromme Täu- 
fchung. Er schilderte der Kranken das 
Leben und Schaffen eines guten, star- 
ken Mannes, den er der Liebe dieses 
herrlichen Mädchens für würdig hielt 
und der Hans Kolling nie gewesen. Als 
er ihr glückliches Gesicht sah, sprach er 
immer überzeugter und schließlich war 
es ihm, als ob alles wahr sei, was er 
sagte. 
„Ich weiß nicht, ob Sie ahnen, welche 
à 
Aggusa. 
Amtsrätin, indem sie zärtlich die Wan- 
gen ihrer Tochter streichelte. „Wir brin- 
gen bir hier Herrn Oberleutnant zur 
See Woltram, der direkt aus China 
kommt und auf demselben Schiff mit 
Hans gewesen ist." 
„Ach," sagte Lotte voll unsagbarster 
Freude, dann wurde sie wieder traurig, 
„mein armer Hans". 
„Sie sind mir, ach, wie sehr willkom- 
men, Herr Leutnant, und müssen mir 
recht, recht viel von ihm erzählen. Hal- 
ten Sie einer Kranken ihren Egoismus 
zu gute," damit reichte sie ihm die 
Hand, die er küßte. 
Freude Sie mir gemacht haben," sagte 
Lotte, als Albert geendet hatte, „man 
hört es gleich, Sie sind sein Freund. 
Wissen Sie, Ihre Erzählung macht mir 
beinahe noch größere Freude, als seine 
Briefe? aus denen spricht in letzter Zeit 
solche Schwermut, so kommt es mir 
wenigstens vor, und das macht mich ost 
recht traurig." 
Die Eltern und Albert wechselten 
einen Blick. Als Albert sich endlich ver- 
abschiedete, bat ihn Lotte: „Kommen 
Sie recht bald wieder, Herr Leutnant, 
und vielen, vielen Dank." 
Albert Woltram, der einen viertel-
	        
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