127
Er bittet in allen Tonarten, und weil er immer
a bscheibner, ruhiger Patient war, gibt die Schwe
ster schließlich nach und bringt sei tuchene Hosn
und sein Lodenrock. „Aber nur zum Gartengehen,
jetzt muß Er sein Spitalsgwand anziehen." Glück
selig stopft der Mich! sei Gwand ins Bett und
wartet die Visite ab. Dann kommt der Primär mit
seiner Begleitung in
weißen Kittln und
sagt wieder was von
seiner „Diät". „Ja,
an Schmarrn", denkt
der Mich!. Bis alle
Ärzte und Schwe
stern verschwunden
sind, schlupft er rasch
in sein Gwand. Aber
holla, d' Schwester
hat eahm die Schuh
net bracht — macht
nix. Es geht in die
Hausschuach a. Der
Rogler Mich! schleicht
wie ein Dieb die
Stieg» abi, in Gar
ten und durchs Busch
werk hin zum Zaun.
Dann schaut er rechts
und links die Stra
ßen auf und ab, ob
eahm neamd stacht,
und dann steigt er
fürsichti übern Zaun.
Stolz marschiert er
zur Haltestelle, setzt
si in die Elektrische,
die grad kimmt, und
fahrt zum Haupt
platz. Dort steigt er
aus, geht in sei
Wirtshaus, ins Ex-
trastüberl, bstellt si
ein Gulasch mit zwoa
Knödl, a Krügl Bier
dazua und tafelt
dann wia a Graf.
Dann no zwoa fri
sche Semmeln, den
Saft schön sauber
austunkt, „a, des hat
herrli gschmeckt!" Er
schaut zum Fenster
'naus, „uih", auf der
Rathausuhr drübn
is's scho glei ölfe,
also höchste Zeit zur
Rückfahrt. „Köllner, zahlen!" Rasch zur Haltstell
und „Krrr, bim, bim" geht's wieder dahin. Oans —
zwoa is er wieder beim Spitalsgarten. Jetzt be
merkt er a Türl im Zaun, spaziert gschwind 'nein,
durch 'n Garten und 'nauf in Saal Nr. 32/2. A
bißl zittri setzt er si auf sei Bett. „Wo warst denn
so lang?" fragt 'n der Bettnachbar. „Im Garten,
weil d' Sunn so schön scheint", lügt tapfer der
Mich!. Freili, der Magn brennt 'n a weng, aber
sonst is eahm sauwohl, endli was Ordentlis im
Magen. Dann kommt wieder die Müllisuppen,
brav löffelt s' der Michl abi, legt si nacha auf sei
Bett und schlaft den
ganzen Namittag so
gut wie schon lang
net. Am nächstn Tag
in der Fruah kommt
wieder die Visit: „Der
Rogler Mich! kann
Samstag heimfah
ren, aber strenge
Diät noch bis dahin
und genaue Diütvor-
fchriften dem Mann
mitgeben", sagt der
Herr Primär zur
Oberschwester.
Also, am Samstag
kriagt der Mich! sein
ellenlangen Diützet-
tel und fahrt hoam.
Am Steinkreuzhof
wird er festli emp
fangen, alles freut
si: „Der Michl is
wieder gfund, der
Michl is wieder da!"
Die Wabi steht in
einer Eckn und trenzt
vor lauter Freud.
Der Michl, der laßt
si das Festessen guat
schmeckn, dann wischt
er si mit 'n Hand-
rückn den fettn Mund
ab und sagt zur Bäu-
rin: „Bergelt's Gott,
des hat gschmeckt.
Aber gelt, Bäuerin,
a Diät kochst ma nia
net." — „Ja, was is
denn des, a Diät?" —
„Ja — moant ge
lehrt der Mich! — a
Diät, des is ladeinisch
und hoaßt auf Deutsch
Müllisuppen'."
Dann geht der
Mich! in sei Kamma
und legt ganz unt in
sei Truha zum mag
netischen Draht dazua den ellenlangn Diätzettel
vom Herrn Primär und zum ewigen Angeden
ken den Rechnungszettel von dem wunderbarn
Gulasch.
*
Oer Dauer
Don Jakob Kneip
Hinterm Pflug, in gleichem Schrill,
Doch um Himmel fchreilesi du
Don Jahrhundert zu Jahrhundert.
Und der dunkle 8ug der Ahnen
Schreitet in der Furche mit:
Don Jahrhundert zu Jahrhundert.
Alle Erd-- und Himmelsgeister
Fühlst du deinem Deist verwandt;
Aller Deister Gott und Meister
Spendet Wachstum deinem <Tand.
Unter Sonne, Mond und Stern
Schreitest du durch diese 2eit,
Dengst das Haupt nur einem Herrn:
Gott, dem Herrn dev Ewigkeit.
IDit freundlicher Erlaubnis des Verlages Paul äist
aus dem neuen Bedichtband ,,Bauernbrot" abgedruckt.