Volltext: Oberösterreichischer Preßvereins-Kalender auf das Jahr 1928 (1928)

Als die Not am höchsten war, ging sie 
hinaus und suchte Verdienst. Es fand sich 
für sie nichts anderes als eben der Platz 
einer Fabrikarbeiterin. Dort arbeitet sie, 
die hochgebildete Frau, nun unverdrossen 
dankbar dem Geschick, daß doch wenigstens 
ihr eine Arbeitsstelle beschieden ist, daß sie 
eben nicht hungern müssen. 
„Jda, Jda", mit unendlicher Liebe,- mit 
größter Dankbarkeit spricht Arnold den 
Landesrat Josef Pfeneberger. 
teuren Namen leise vor sich hin. Fast klingt 
es wie der zaghafte Ruf eines verlassenen 
Kindes nach der gegangenen Mutter. Eine 
ganz andere Liebe als vorher hat er jetzt 
zu ihr, seitdem sie für ihn das Brot erwirbt; 
beinahe kommt sie ihm wirklich manchmal 
vor wie eine Mutter, die für ihn sorgt. Es 
ist ein heiliges, beglückendes Gefühl — und 
tut doch so unendlich weh! 
Arnold Huber sitzt und grübelt, bis es 
Tag ist. Dann räumt er die Stube ans 
und beginnt zu arbeiten, an einem kleinen aber 
kunstgewerblichen Gegenstand. _ ihr ' 
Es ist kalt und er unterhält im Herd ein <> 
kleinwinziges Feuer. Er hat nur einen Herd lich, 
zu heizen, denn sie bewohnen jetzt eine billige hat 
Küchenstube, drei Stiegen hoch, in einem Kur 
alten Vorstadthaus; sie können sich nichts Das 
anderes leisten. Im Sommer ist Arnold die 
fleißig mit dem Rucksack in den Wald ge- will 
gangen und hat Tannenzapfen gesammelt; lebe 
die sind gut, im Winter zu verbrennen. wär 
Ein wenig vergißt er beim sich 
Schaffen seinen Jammer. Zu Mittag' geb 
kocht er sich das vorbereitete Essen, ißt 
mit wenig Lust und denkt dabei an dies 
Jda, die sich jetzt ihr karges Mahl in ben 
der Fabrik wärmt. Nach dem Essen spült Da 
er das wenige Geschirr. Er ist diese bist 
häuslichen Arbeiten schon alle längst AR 
gewöhnt. Er trägt auch noch einen Ho' 
Feuerungsvorrat aus dem Keller herauf. ken 
Dann modelliert er wieder an seiner Dü 
Arbeit. grc 
Der Tag vergeht leidlich. So $ 
lange Arnold schaffen kann, bleibt er sich 
ruhig. Aber als die frühe Dämmerung so 
kommt und er die Modellierhölzer aus Sc 
der Hand legen muß, überfallen ihn dei 
wieder die quälenden Gedanken. Wie etti 
sie reden diese Gedanken, wie sie schreien! ; 
Warum kann er die Not von mc 
seiner Schwelle nicht bannen?! Warum da 
hat er sich der Kunst zuwenden müssen? w« 
Er hätte etwas anderes lernen sollen, tri 
irgend ein Handwerk wäre besser gewesen. du 
Kein Kunsthandwerk, sondern Schneider, ja 
Schuster, Tischler oder so etwas. Dann cw 
fällt ihm zu seiner Beruhigung ein, daß eil 
es jetzt auch viele arbeitslose, brave Hand- be 
Werksleute gibt. ha 
Sie ist schrecklich, diese Lage, diese ab 
ganze Weltlage! Dieses Elend überall, w 
wohin soll das führen?! Am besten wäre, gc 
nran ginge aus der Welt. Jda täte sich i K 
auch leichter, wenn sie ihn nicht hätte. Soll gc 
er — soll er aüs der Welt gehen? Die ' w 
fürchterlichsten Phantasien quälen den ein- > j 
samen Mann in der dunklen Stube. 
Soll er sich töten? Es wäre ja so leicht. dl 
Ein Augenblick — und alles ist vorüber; und d> 
es gibt eine Menge erreichbarer Todes- sc 
arten. Alles wäre vorbei, alles erledigt. Jda sc 
würde Wohl eine Zeitlang um ihn trauern, U
	        
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