Volltext: Oberösterreichischer Preßvereins-Kalender auf das Jahr 1927 (1927)

Die alten Gaumwege. 
Von Johann Sigl, Kleinzell. 
^7">ie Deutschen haben wohl von den 
Römern den Straßenbau gelernt. Be 
weis dafür ist, daß unser Wort Straße aus 
dem lateinischen strata, nämlich via, strata 
(— gepflasterter Weg), entstanden ist. Doch 
breite, bequeme Straßen bauten die alten 
Deutschen nur sehr wenige; im allgemeinen 
gab es nur schmale Steige, auf denen die 
Menschen auf Saum-, d. h. Lasttieren reisten 
und auf denen die Waren auf Sauintieren 
befördert wurden, was man „säumen" 
nannte und was von den „Säumern" ge 
schah. Die betreffenden Wege hießen Saum 
steige oder -Pfade. Das Wort „Saum" 
kommt sicher aus dem Keltischen, denn in 
der Bretagne und Normandie, zwei Pro 
vinzen Frankreichs, in denen die keltische 
Sprache noch fortlebt, bedeutet „Sam" so 
viel als Last; auch bei uns hört man das 
Zeitwort „säuma" noch manchmal in.der 
Bedeutung von schleppen, beschwerlich 
tragen. 
Saumwege oder -steige gab es in alten 
Zeiten sehr viele; die von und zu Flüssen 
führenden standen natürlich in enger Ver 
bindung mit der Schiffahrt und wurden 
daher auch häufig „Schöfwege" genannt, 
besonders im Mühlviertel. In bergigen 
Gegenden wurden die Saumwege in der 
Regel steil über die Höhen geführt, da die 
Täler im Winter durch Schneeverwehungen 
und zu anderen Zeiten durch den Wasser- 
stand oft lange unpassierbar waren., 
„Gesäumt" wurden alle Handelsartikel, 
besonders aber Salz, Wein, Getreide, 
Früchte, der eine Artikel hin, der anoere 
zurück. Lasten bis 450 Pfund, angeschnallt 
am Saumsattel, hatte ein Saumroß zu 
tragen; fünf bis zehn solcher Lasttiere wur 
den aneinander gebunden und von je einem 
„Säumer" (auch „Samer") geführt. Die 
Wege waren schmal und zwei auf einem 
Berge oder in einem Hohlwege sich be 
gegnende Saumerzüge hatten alle Not, sich 
auszuweichen. Dafür waren aber für die 
einzelnen Samerartikel verschiedene Wege 
bestimmt, auf dem einen wurde z. B. Salz 
und auf dem anderen Wein gesäumt, wo 
durch Bezeichnungen: Salzweg, Weinsteig 
usw. entstanden sind. Daß mit den einzelnen 
Artikeln bestimmte Wege eingehalten werden 
mußten, hatte übrigens auch noch einen 
anderen wichtigen Zweck. Verschiedene Orte 
hatten närMch das Zoll- oder Mautrecht 
von einzelnen Waren, besonders vom Salz, 
erlangt und diese wachten gar sorgsam dar 
über, daß die betreffenden Warenzüge ja 
durch ihren Ort gingen, um den Gemeinde 
säckel füllen zu helfen; andere Orte hatten 
das „Stapelrecht", d. h. es mußten dort die 
durchgehenden Waren abgeladen werden, 
wobei dann die Ortsbewohner das Vor 
kaufsrecht hatten. 
Gold wurde in Mengen nie „gesäumt", 
daher es auch keinen Goldsteig gibt, wohl 
aber gab es mehrere „goldene Steige", so 
genannt wegen des reichen Erträgnisses, 
das diese Wege, wohl nicht den Säumern 
selbst, aber für die an denselben liegenden 
Mautorte und Gasthäuser (Tavernen) ab-.
	        
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