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Unter Marias Schutzmantel.
Von Josef Liensberger.
Nahe dem Sturmjahr 1848 mußte
Galizien furchtbares Elend erfahren, das
Elend der Empörung:
Da zerret an der Glocke Strängen
Der Aufruhr, daß sie heulend schallt
Und, nur geweiht zu Friedensklängcn,
Die Losung anstimmt zur Gewalt.
Statt friedlich der Arbeit sich zu wid
men, ergreifen sogar Landleute die Waffen:
immer gewaltiger wütet dieser Sturm mit
Feuer und Schwert. Davor mag auch das
Rittergut N. zittern. Der Schloßherr ist
eben verreist; wie wird's aber seinen Kindern
gehen? Von weitem stürmt schon die Horde
gleich der wilden Jagd heran, grausam zu
morden und zu sengen. Wo sollen die Kinder
Schutz suchen? Bei der himmlischen Mutter!
Vom Hausaltar leuchtet ihr liebliches Bild.
Hier knien die Kinder voll Vertrauen nieder,
beginnen innig zu beten und singen:
Unter deinen Schutz wir fliehen!
Zwar erdröhnen schon Schläge ans
Hoftor, näher dringt wildes Fluchen, ja
bereits stürzet die Horde herein — doch
(Nachdruck verboten.)
innig beten und singen die Kinder noch
immerfort. Und siehe, keiner der sonst so
grausamen Empörer wagt's, den Kindern
ein Leid anzutun oder ihre Heimat in Brand
zu stecken. Still ziehen sich alle zurück, ver
lassen das Rittergut, ohne Schaden zu stiften.
Wie danken jetzt die Kinder voll Freude
der himmlischen Mutter!
Dies tröstliche Beispiel las ich vor
Jahren im Lebensbild des Missionärs
P. Karl Antoniewic 8. 4. Nun, in den
Stürmen des Weltkrieges dachte ich oft daran:
Wie viele Kinder haben da ssuflucht gejucht
und gefunden unter dem Schutzmantel der
himmlischen Mutter! Aber auch viele Er
wachsene, zumal viele Krieger, haben im
Toben und Tosen der schaurigen Stürme
mit kindlichem Vertrauen die himmlische
Mutter angerufen:
Maria, breit' den Mantel aus.
Mach' einen Schirm und Schild daraus.
Laß uns darunter sicher stehn,
Bis alle Feind' vorübergehn!
Patronin voller Güte,
Uns liebereich behüte!
GGGGGG
Wenn mancher Wann wüßte, wer mancher Wann wär'usw
Unter dieser Aufschrift erzählt die
„Deutsche Kirchenzeitung" (2. Jahrgang,
Nr. 30) folgende Begebenheit: Stieg da
kürzlich in einem Württembergischen Bahn
zug auch ein Ordensgeistlicher ein, der den
Mitreisenden, meist Soldaten, aus zwei
Gründen auffiel: erstens weil er ein Ordens
mann war, zweitens weil er wohlbeleibt war.
Letztere Eigenschaft ist, wie jeder verständige
Mensch weiß, durchaus nicht immer mit
dem Appetit in Verbindung zu bringen.
Der Pater setzt sich und liest in einem
Buch. Ein Tuscheln, ein Deuten, ein Lachen,
besonders bei den Soldaten. Der Pater ver
zieht keine Miene. Nun halblaute Bemer
kungen wie : So einer gehört ins Feld.
Soldatenkost wäre da ne gesunde Kur. —
Der Pater schweigt. Endlich laute Anrem
pelungen und spöttisches Gelächter. Da zieht
der Pater eine Dose aus der Kutte und
schnupft. Dann holt er ein Schächielchen
aus der Tasche und langt daraus drei Dinge
hervor, die er sich schweigend anheftet:
das Eiserne Kreuz 1. Klasse, einen bayrischen
Kriegsorden und das Verwundetenabzeichen.
Staunende Blicke, ein Tuscheln und Deuten,
aber kein Lächeln und Lachen mehr, und
dann ernste Stille. Der Pater aber montiert
wieder ab, packt seine drei Ehrenzeichen
wieder ein, nimmt nochmals eine Prise und
liest schweigend weiter. Niemand hat ihn
auf seiner Fahrt mehr belästigt.