Volltext: Oberösterreichischer Preßvereins-Kalender auf das Jahr 1913 (1913)

Nachdruck 
verboten. 
Das Glück und der Bettler. 
Uebersetzrmg aus dem Spanischen von P. Matthias ©tonnet C. SS. R.*) 
Eines Tages schleppte sich ein zerlumpter 
Bettler von Haus zu Haus. In der Hand 
trug er einen alten Sack; so bettelte er von 
Türe zu Türe um einige Pfennige, auf daß 
er sich etwas zum Essen kaufen könnte. Da 
bei brummte er etwas in seinen Bart hinein, 
wie es denn komme, daß die Reichen nie 
mals mit ihrem Vermögen zufrieden seien 
und dasselbe immerfort vermehren wollen. 
Da wähnt er, Berge von Gold zu ge 
winnen. Indes raubten ihm heftige Meeres 
stürme seine Schätze; ein Schiffbruch folgt 
dem anderen, sein Besitz zerrann wie ein 
Traum: in grausiger Meerestiefe liegt sein 
Vermögen. Aehnliche Fälle kenne ich noch 
mehrere, wo die Menschen noch immer nicht 
reich genug zu sein glaubten. Was mich 
betrifft, so wäre ich schon reich genug, wenn 
Bilder aus Oberösterreich 
Trauerweide am Auberg in Urfahr bei Linz. | 
Phot. Furtner. 
Altstadtmotiv ans Linz. 
„Da ist zum Beispiel der Besitzer dieses 
Hauses", räsonierte der Bettler bei sich 
selbst; „ich kenne denselben sehr gut. Er 
war alle Zeit ein guter Geschäftsmann, 
bald war er reich. Wäre er klug gewesen, 
so hätte er sein Geschäft anderen Persön 
lichkeiten übertragen und er hätte sich mit 
aller Bequemlichkeit des Wohlstandes in das 
Privatleben zurückziehen können. Doch was 
tut der Mann? Er kauft Kauffahrteischiffe 
an, verlegt sich auf den überseeischen Handel. 
*) Aus Hormiga de oro 1910. 
ich nur immer genug zu essen hätte." In 
diesem Augenblicke wandelte gerade Fortuna, 
die Göttin des Glückes, die Gasse herab, 
sah den Bettler und hielt ihn an. „Ver 
nehmt", sagte sie, „schon seit einiger Zeit 
wünsche ich, Euch zu helfen. Macht Euren 
Sack auf und ich fülle denselben ganz mit 
Gold an — aber mit der Bedingung: 
Alles, was in den Sack hineinfällt, wird 
Gold sein, was aber über denselben hinaus 
auf den Boden fällt, wird sich in Staub 
verwandeln. Habt Ihr verstanden?" 
„Gewiß", erwiderte der Bettler.
	        
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