Volltext: Oberösterreichischer Preßvereins-Kalender auf das Jahr 1912 (1912)

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Sie riefen in einem fort nach ihrem Pepito. 
Vergebens. Da ging der Mond auf. Er 
war diese Nacht voll geworden. Keine Wolke 
stand am nächtlichen Himmel. Jetzt waren 
die Sucher auf der Höhe des Berges an 
gelangt. Dieser fiel auf der anderen Seite 
steil ab. „Pepito, Pepito!" Keine Antwort. 
Nur das Anschlagen eines Hundes in einem 
Bauerngehöfte und das widerliche Rufen 
des Nachtkäuzchens unterbrach die unheim 
liche Stille der Nacht. Doch horch — was ist 
das? Ermüdet setzten sich beide oben nieder, 
unter ihren Füßen gähnte ein Abgrund. 
„Ramon", begann das Weib, „hörst du 
nichts. Es ist mir, als ob da unten jemand 
weine." 
Beide neigten sich vorsichtig über den 
Abhang hinaus. Der klare, volle Mond 
beleuchtete, einem Scheinwerfer gleich, die 
ganze Umgebung. Er beleuchtete ein grausiges 
Bild. Da, ganz nahe lag der blutige, zer 
schmetterte Leichnam ihres Vaters. Und da 
neben lag auf den Knien Pepito. „Armer 
Großvater", wimmerte halblaut das Kind; „so 
bist du denn tot. Meine Eltern waren grau 
samer als Kain. O Großvater, nimm mich 
zu dir." Und dabei umschlang der Knabe 
krampfhaft Pedros leblosen Körper. Ein 
Selbstmord war bei dem frommen, gott 
ergebenen Pedro ganz ausgeschlossen. Das 
Wahrscheinlichste ist, daß er in seiner Ver 
zweiflung — wenn man diesen Ausdruck 
bei dem frommen Greis gebrauchen darf — 
auf dem Berge planlos herumirrte, dann 
von Hunger, Müdigkeit und Abendkühle 
ermattet, in der Dunkelheit vor dem Mond 
aufgang den Abhang hinunterstürzte. Dort 
mochte ihn Pepito gesucht und beim Aus 
gang des Mondes gefunden haben. Die 
Eltern stiegen mit großer Gefahr den Ab 
hang hinunter. Pepito verstummte, Pedro 
redete nicht mehr und die beiden Eheleute 
standen da sprachlos, wie versteinert vor Ent 
setzen. Riesengroß stand ihre Verschuldung 
gegen das vierte Gebot vor ihren Augen. 
Sie baten dann dem Toten alles ab, was 
sie gegen ihn gesündigt hatten. Hoffen wir, 
daß auch Gott ihnen verziehen habe. 
... —3 
Der Mai Aomet als Heiratsvermittler. 
Humoreske von Hans Waldmoser, Wels. Nachdruckverboten. 
er Held, von welchem diese Geschichte 
handelt, heißt Pankraz Nebrocensky, 
ist ein geborener „Böhm", hat vor mehr 
als zwanzig Jahren die ehr- und tugend- 
same Jungfrau Leokadia Lampl geheiratet, 
die dem Pankraz gleich im ersten Jahre der 
glücklichen Ehe ein pausbackig Dirndlein 
schenkte, das bei der heiligen Taufe den 
kerndeutschen Namen Adelgunde erhielt, aber 
ihre Eltern und die anderen Leute nannten 
sie kurzweg Gundl. Von Beruf, aus ist der 
Nebrocensky ein Regenschirmmacher. Als 
wandernder Geselle kam er nach Oberöster 
reich und im Jnnviertel draußen gefiel es 
ihm gar gut. 
„Da bleib'ns mi, weil's sein wunder 
schöne Platzl!" So hat der Nebrocensky gleich 
gedacht. Und faktisch es ist schon so: wo 
ein Böhm einmal seßhaft wird, da bringen 
ihn ein Dutzend starker Ochsen nimmer 
vom Fleck. 
Also blieb er in einem kleinen Städtchen 
am Inn, wurde bald Meister und heiratete. 
Das Geschäft ging gut, so daß der Pankraz 
in kurzer Zeit zu Haus und Wohlhabenheit 
gelangte. 
Seine Tochter, die Gundl, ist ein gar 
dralles Ding geworden, dessen Schönheit die 
Aufmerksamkeit der jungen Männer bald 
auf sich lenkte. Besonders des Nachbars 
Fritz, eines Schlossermeisters Sohn, fand 
an dem Mädchen Gefallen und Adelgunde 
an ihm. 
Vater Nebrocensky kam aber hinter die 
Liebelei und war fest entschlossen, dem Techtel 
mechtel ein rasches Ende zu bereiten. 
„Gundl!" sagte er daher eines Tages, 
„Du bist me jetzt alt genug, daß de kannst 
Hausfrau vorstellen ... Glaub' ich, daß du 
sollst heiraten!" 
Das Mädchen, nichts Schlimmes ahnend, 
war sogar freudig überrascht und meinte:
	        
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