Volltext: Oberösterreichischer Preßvereins-Kalender auf das Jahr 1911 (1911)

115 
8* 
ihre Tische scharte, daß man ihrem Spiel, 
ihren Spässen und Liedern so lauten, un 
geteilten Beisall zollte, aber was diesem 
protzigen Bauer da einfiel, diesem zuwideren 
Kerl, der sich heute so unverschämt an ihre 
Seite drängte? — Kreuzelement, das ver 
trugen sie nicht! Sie knirschten mit den 
Zähnen, es schwollen ihnen die Stirnadern 
zu blauroten Strängen und ihre Hände 
ballten sich zu wuch 
tigen Fäusten. 
Und da stand 
auch der älteste schon 
hochaufgerichtet da 
und der Sturm 
brach los. 
„Himmeldonner 
wetter, elender 
Bauer, miserabler 
Kerl du! Glaubst 
du denn, wir ge 
hören auch zu jenen, 
wie du einer bist, 
die so lange saufen, 
bis sie sich wälzen 
im Kot, wie die 
Schweine? Hat 
schon einmaljemand 
gehört, daß einem 
Zelltaler die Sinne 
verließen, wenn er 
beim Bierkrug saß? 
Und Almosen willst 
du uns schenken, als 
ob wir fahrende 
Zigeuner wären? 
Pfui Teufel! Bist 
mir kein weiteres 
Wort nimmer wert, 
aber hinaus mit 
dir aus unserem Kreis." 
Dieses Wort war das Signal für die 
übrigen Zelltalerbuben, auf das sie schon 
mit fiebernder Ungeduld gewartet hatten. 
Kräftige Arme griffen zu, und im Nu war 
der Mitterlehner hochgehoben und flog in 
weitem Bogen zur Haustüre hinaus. 
Wenn die Zelltaler gewollt hätten, daß 
ihr Feind recht weich zu liegen komme, 
wäre ihnen dieses Stücklein gewiß nicht so 
vortrefflich gelungen. Der Mitterlehner ruhte 
Bilder aus Gberösterreich: 
lind gebettet in einem breiten, hochgetürmten 
Heuhaufen, aus dem er ernüchtert, scham 
rot und zornbebend sich herauskrabbelte und 
ohne Umsehen auf dem Sträßlein, das gegen 
seine Behausung führte, verschwand. 
Mit der guten Stimmung der Zelltaler 
war es vorbei. Die Zithern lagen unberührt, 
und keinem fiel es mehr ein, eine lustige 
Weise zu singen oder einen Schwank zu er 
zählen. Sie tranken 
schweigend ihre 
Gläser leer, bezahl 
ten die Zeche und 
brachen ohne Ab 
schiedsgruß auf, ein 
jeder sprach im Her 
zen den Schwur, 
dieses Haus, in dem 
ihnen eine so uner 
hörte Schmach zu 
gefügt worden war, 
nie wieder zu be 
treten. 
Ihr Heimweg 
führte an einem 
kleinen Gehölz vor 
bei und hier kamen 
siedemMitterlehner 
nach, und dieses 
Zusammentreffen 
war der unglück 
seligste Zufall, der 
sich denken läßt. 
Feuer auf Feuer 
stieß hier lodernd 
zusammen. 
_ In dem Bauer 
Ja- Nathans in Ste^r. Wstr ^ Zorn noch 
so übermächtig, daß 
er alle Besonnen 
heit vergaß und die große Ueberzahl seiner 
Gegner nicht bedenkend, ihnen zurief: 
„Na, Ihr stolzen Gesellen, Prinzen von 
Habenichts und Bettelheim! Habt Ihr mein 
Papierlein schon angeguckt, ob seine Wäh 
rung ohne Falsch ist? Wem von Euch sitzt 
es denn drinnen in der Westentasche? 
„Ha!" Die Zelltaler verloren keine 
weitere Silbe, aber dieses „Ha" war wie 
ein zündender Schlachtruf. Und da waren 
sie wieder, die kräftigen Fäuste' an dem
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.