Volltext: Oberösterreichischer Preßvereins-Kalender auf das Jahr 1911 (1911)

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Dem Bauern gelang dieses Kunststück 
in kürzester Zeit und während er sich nach 
dieser Kraftprobe den Schweiß von der 
Stirne wischte, sagte er: 
„Du, Lene, wenn du vielleicht heute 
den Nachmittagsgottesdienst besuchen willst, 
ich bleibe schon daheim bei den Kindern." 
widerte: „Ich bleibe auch daheim. Der liebe 
Gott wird es mir sicher nicht übel nehmen, daß 
ich ihn heute nicht mehr in seinem Hause 
besuche, wo ich es doch so sorglos haben 
könnte. Er weiß ja, daß ich ihn am Vor 
mittag schon recht innig verehrt habe, und 
das andere weiß er auch, wie selten wir 
Bilder aus Vberösterreich: Die Landwehr-Wustkkapclle. 
Am 8. April 1910 ist beim Landwehr-Infanterieregiment Nr. 2 in Linz eine vollständige Marschmusik errichtet worden, die 
aus 48 Mann besteht. Die Marsch- oder Fanfarenmusik hat bloß Blechinstrumente und ist für den Fall der Detachierung eines 
Bataillons in drei Bataillonsmusiken zu 16 Mann gegliedert. Sonntag den 10. April bestand sie anläßlich der Eidesleistung der 
Rekruten und Ersatzreservisten des Landwehr-Infanterieregimentes Nr. 2 ihr erstes und erfolgreiches Debüt in der Oeffentlich- 
keit. Unser Bild zeigt die Musikkapelle auf dem Pfarrplatz, links von ihr die Hauptpost, ringsherum zahlreiches Publikum, das 
das erste Auftreten der Landwehrmusik mit wohlwollendem Interesse verfolgte. 
„Du bleibst daheim?" gab die Bäuerin 
zurück mit einer Miene, die das höchste Er 
staunen bekundete. 
„Nun ja", entgegnete der Bauer und 
wandte sich verlegen ab. Es beschämte ihn, 
daß sein Daheimbleiben bei der Gattin eine 
so grenzenlose Verwunderung hervorrief. 
War denn das wirklich eine so seltene Sache? 
Uebrigens benutzte die Lene die ihr ge 
botene Möglichkeit, den Nachmittagsgottes 
dienst zu besuchen, gar nicht, sondern er- 
beide zu einem ordentlichen Beisammensein 
kommen vor lauter Arbeit und dem ewigen 
Trubel, daß doch sicher alles geschieht, was 
notwendig ist. Wir haben ja gar nimmer 
Zeit dazu." 
Der Mann nickte. Es war nicht recht 
zu erkennen, was er sich bei der Rede des 
Weibes dachte. Rot war er wieder bis zu 
den Haarwurzeln hinauf. 
Dann gingen die beiden Gatten in die 
Stube hinein. Hier saß der achtjährige
	        
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