Volltext: Oberösterreichischer Preßvereins-Kalender auf das Jahr 1910 (1910)

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Hine neue Ansicht von Linz. vom Turme der Uirche zur ßeil. Familie aus. 
Phot. Schwarz, Linz. 
ihm, umarmte ihn liebevoll, und fragte ihn 
mit tränenumflorter Stimme: „Kennst du 
mich nicht mehr? Vielleicht bin ich dein 
Schutzengel, bestimmt, dir die Pforten des 
Himmels zu öffnen? Austin, wo ist der Eid, 
den wir — umarmt wie heute — am Tage 
unserer ersten Kommunion vor Jesus im 
heiligsten Sakramente ablegten? Es waren 
damals die schönsten Augenblicke unseres 
Lebens. Augustin, wenn dein Fuß auf die 
Laufbahn des Verbrechens geraten ist, so 
gedenke jenes anderen Missetäters, den Reue 
und Buße würdig machten der Ehre der 
In der Phantasie des zur Hinrichtung 
Ausgeführten stand plötzlich lebhaft vor 
Augen die Erinnerung an die erste heilige 
Kommunion, und bei der Erinnerung an 
diesen Tag, an diesen schönen Tag, erhebt 
der Aermste seine Stimme, und mit einem 
Tone, der da an den Triumph der Aus 
erwählten gemahnt, ruft er laut vor allem 
Volke aus: „Mein Gott, Verzeihung; ver 
zeihe mir, mein Gott." Dabei fiel er auf 
seine Knie, umfaßte die Füße des P. Luis 
uud drückte sie au sein Herz; die Augen 
in Tränen gebadet sagte der Bekehrte: 
den Delinquenten gegenübergestellt — an, 
heftet einen matten, aber verächtlichen Blick 
auf denselben, stößt einen Fluch aus, uud 
sagt: „Auch du kommst, um mein Gewissen 
zu martern!" 
III. 
Der Ordensmann wandte auch, ohne 
sich zu verändern, sein Auge mit einem 
Blick, aber einem mitleidsvollen, auf den 
Delinquenten; er erkannte ihn, nahte sich 
Altäre. Freund, gehe zu Maria, vertraue 
auf die Mutter Gottes, deine Mutter, 
wie du sie nanntest am Tage unserer ersten 
Kommunion." Und ein Kruzifix ihm dar 
zeigend fügte er hinzu: '„Siehe hier den 
heiligen Schlüssel, welcher weit die Pforten 
des Paradieses öffnet, damit dort auch die 
auf Erden Gerichteten eingehen können." 
Die Worte des P. Luis hatten dies ver 
härtete Verbrecherherz gerührt.
	        
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