Volltext: Oberösterreichischer Preßvereins-Kalender auf das Jahr 1907 (1907)

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Kardinal Färstrrzliischaf Eruscha 
hielt bei der Scblußversamrnlung des 
österr. Katholikentages in Wien eine 
herrliche Rede. 
hört, man werde den Pfarrer zu einem 
Kranken der Nachbarpfarrei rufen und um 
sich zu überzeugen, ob der Priester jenes Ver 
bot mißachte, hatte er das Wetter nicht ge 
scheut und war über einen Bergweg dorthin 
gegangen, wo der Pfarrer notwendig vorbei 
gehen mußte, wenn er wirklich zu jenem 
Sterbenden sich begab. Aber von der Höhe 
konnte der Landrat den unten liegenden Weg 
nicht übersehen und er wollte nun einen 
ziemlich steilen und felsigen Abhang hinunter 
klettern. Dabei glitt er aus und stürzte ab. 
Furchtbar verletzt blieb er besinnungslos unten 
liegen, bis vorbeikommende Landleute ihn 
fanden und ihn zu seiner Villa trugen. Der 
schnell herbei gerufene Arzt brachte den Un 
glücklichen zwar wieder zur Besinnung, aber 
zu retten war er nicht mehr. 
Hier war das biblische Wort furchtbar 
zur Geltung gekommen: „Wer andern eine 
Grube gräbt, wird selbst hineinfallen und 
Ä 
wer andern eine Schlinge legt, wird selbst 
in ihr umkommen." (Sir. 28, 1.) 
Noch ehe die Mitternachtsstunde schlug, 
stand der Landrat vor seinem ewigen Richter, 
der ihm gnädig gewesen sein möge. 
Obgleich man den Pfarrer bat, des 
Wetters wegen in der Villa zu übernachten, 
schlug er das doch aus, weil er seine Schwester 
nicht in Unruhe über ihn lassen wollte. Als 
er fortging, begegnete ihm am Ausgang der 
Villa der Bürgermeister und der Gendarm. 
Sie kannten jenen Befehl des Landrates, 
den Pfarrer zu verhaften, wenn sie ihn aus 
verbotenen Versehgängen träfen, aber sie 
mochten in dieser Unglücksnacht die Gewalt 
einer höheren Hand fühlen und sie gingen 
höflich grüßend am Pfarrer vorüber. — — 
Die Zeiten sind nun andere, bessere ge 
worden und der Pfarrer hat sie noch ziem 
lich lange miterleben können. Und jetzt ruht 
er unter grünem Rasen bis der Auferstehungs 
morgen tagt. Nicht weit davon ruht auch 
der Landrat und ein prächtiges Grabmonu 
ment ziert seine Gruft; doch des entschlafenen 
Pfarrers Denkmal ist in die Herzen seiner 
Pfarrkinder und ins Buch des Lebens ein 
geschrieben. 
Gewiß, was unsere großen Männer und 
Priester in der für die Katholiken so ruhm 
vollen Zeit des unseligen Kulturkampfes 
gelitten haben, das sei denen, die diesen 
Geisteskamps heraufbeschworen haben, ver 
ziehen, aber vergessen wollen wir niemals 
den Opfermut, den damals unsere Priester 
bewiesen haben und die Mannhaftigkeit, mit 
der damals unsere großen Männer auftraten. 
Nein, das soll nimmermehr vergessen sein, 
sondern als leuchtendes Vorbild und gewich 
tige Mahnung auch unserer fernsten Gene 
ration vorschweben, dann, heißt es: 
„Was du ererbt von deinem Vater hast, 
Erwirb es, um es zu besitzen." —
	        
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