Volltext: Oberösterreichischer Preßvereins-Kalender auf das Jahr 1903 (1903)

Sein Wirken ist verklärt von heiterer 
Frömmigkeit und von der sanften Geduld 
eines Dulderherzens. Hier, inmitten des 
Volkes, belauscht er das Pulsieren, das 
Sinnen und Weben der Volksseele. Die 
Beobachtungen fließen von selbst in die 
Feder. 
Im freundlichen Stübchen des 
Pfarrhofes und in der stillen Zelle 
des Klosters, wohin ihn bald das 
Vertrauen der Oberen als Novizen 
meister berief, vom Leiden zur 
sinnenden Ruhe gebannt, im ver 
edelnden Verkehr mit Werken der 
Kunst und Literatur, leben vor 
seinem geistigen Auge alle die in 
timen Reize des Volkslebens, wie 
er sie mit seinem unverdorbenen 
Auge gesehen, wieder auf. 
Sein Blick schaut zurück ins 
trauliche Elternhäuschen — wo 
Mutter gewaltet und Vater ge 
sorgt hatte, auch Bilder froher 
Jugend tauchen auf; die Sitten 
und Gebräuche des biederen Inn 
viertler Volkes, die kräftigen Ein 
drücke so manchen Originales drücken 
ihm wieder die Feder in die Hand 
und ungesucht, in der Sprache 
des eigenen Herzens, quellen die 
köstlichen Schilderungen unter dem 
Kiel, mehr zur stillen eigenen Be 
friedigung geschaffen, als für die 
Oeffentlichkeit. 
Allein, seine Freunde und die 
Freunde des Volkes lieben es, 
Floridus zuzuhören; sie wollen diese 
Perlen seiner stillen Herzensergüsse 
vereint genießen; seine „Guckkasten 
bilder" werden weithin neben Bibel 
und Legende dem kleinen Haus 
schatze einverleibt. 
Auch seinen Mitbrüdern war 
Floridus ein guter Freund und 
Mann des Vertrauens geworden; sie be- ! 
riefen ihn als ihren Dechant; sein Prälat 
vertraute ihm nicht bloß die Sorge um die 
jüngeren Brüder, sondern als Rentmeister ! 
auch die sorgenvolle „Rait" für das mate- 
rielle Wohl des Stiftes an. — 
Vollendung. 
„Mein letzter Sommer", sprach Floridus 
im Juli zu einem Besucher. Und er behielt 
Recht. Seit Jahren schon zitterten die Freunde 
für dieses teure Leben; nur seine Mäßigung 
viert 
Johannes von Neponrnk 
Diese Statue, ein werk Raphael Donners, wurde neu reno- 
und von der Lfarrachftraße zur Stadtpfarrkirche über 
tragen. — Nach einer Amateur-Photographie. 
schob das Ende hinaus; nun aber war die 
Lebensuhr abgelaufen, das Lebenswerk voll 
endet: Er hatte redlich gearbeitet, Gott zur 
Ehr', dem Nächsten zum Wohle, zu seiner 
eigenen Seele Heil. — 
„Stille Nacht, heilige Nacht."
	        
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