Volltext: Oberösterreichischer Preßvereins-Kalender auf das Jahr 1902 (1902)

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(Bottes Mühlen. 
Erzählung von Anton Hechler'. 
^Nachdruck verboten.^ 
k eint Glöcklwirt gieng's heute 
lustig zu. Es war Kirch 
tag im Dorf. Der Tag 
ist prächtig. Die Sonne 
sendet brennende Strahlen 
auf die Landstraße. Alle 
Wirtshäuser sind gesteckt 
voll. Die „bessern" Leute 
gehen zum Glöcklwirt. Er 
ist Bürgermeister. Des 
halb steht auch sein Haus 
so vornehm da, heraus 
geputzt wie ein Stadt 
fräulein. Die Fenster mit Schnitzwerk um 
rahmt, der Giebel stattlich, über der Haus 
thür ein prächtiger Balkon. Der ganze Bau 
nach Art der Schweizerhäuser, die dem 
Bürgermeister so gefallen. 
Schon von weitem steht man das Schild: 
Gasthos „zum Glöcklwirt". 
Im Haus sei immer für vorzügliche 
Küche gesorgt, Fremdenzimmer seien zu 
haben, neueingerichtet, Fahrgelegenheit im 
Hause u. s. w. 
Auch aus der Stadt kamen Gäste, be 
sonders Geschäftsleute, mit denen der Glöckl 
wirt in Verkehr stand. 
Im Tanzsaal droben drehten sich die 
Paare im Reigen. Dazu spielte die aus der 
Stadt bestellte Capelle Walzer an Walzer. 
„Also die ist sein Mädel?" hörte man 
flüstern. „Ein stinkes, leichtes Ding, diese 
Paulin." 
„Sie ist sein Stolz. Was die will, das 
thut er, und wenn es nach die Hunderter 
kostet." 
Paulin kam auf die beiden Herren zu, 
die unter der Thüre standen. Da rief ihr 
von rückwärts eine Stimme zu. 
„Nun, wann bekomm denn ich einmal 
einen Tanz?" 
Das Mädchen sah um, machte eine 
spöttische Miene und sagte, indem sie den 
Kopf stolz in die Höhe hob: 
„Tanz mit dir selber, oder mit der alten 
Messnerin." 
Auf die beiden Zuschauer machte das 
Benehmen Paulins einen ungünstigen Ein 
druck. Ohne sie zu achten, brach sich das 
Mädchen in ihrer Mitte durch und flog die 
Stufen hinab. Die beiden Gäste ließen sich 
an einem Tische nieder. Sie waren qus der 
Stadt. V 
„Das Mädel ist gerade wie der Vater", 
sagte der eine, der die Familie schon länger 
zu kennen schien. 
„Er ist protzig und meint, von oben sei 
gar nichts gekommen, alles habe er zustande 
gebracht. Aber da täuscht er sich. Und in 
sein Mädel ist er ganz vernarrt. Ich gratu 
lier ihm zu dem, was ihm die noch anmacht, 
wenn nicht was ordentliches noch zuvor über 
sie kommt und ihr das Köpferl ein wenig 
niederdrückt." 
„Hast recht, so wird's auch kommen." 
Ihr Gespräch wurde unterbrochen, als 
der Glöcklwirt auf den Tisch zutrat und sich 
bei ihnen niedersetzte. Er bemühte sich, nach 
der Schrift zu sprechen, dies that er be 
sonders dann gerne, wenn Gäste aus der 
Stadt kamen. 
Man sprach von gleichgiltigen Dingen. 
Dann kam der Glöcklwirt aus sein Gasthaus 
zu sprechen, „es schaue wenigstens nicht mehr 
aus wie so ein Dorfwirtshaus, sondern könne 
sich schon auch in der Stadt zeigen. Dann 
erzählte er von seinen vielen Arbeiten als 
Bürgermeister, soviele seien im Gemeinderath, 
die gar nichts verstehen. Andere seien wieder 
seine Gegner, zum Beispiel der Pfarrer, der 
ihm hart zusetze, aber der Glöckelwirt habe 
noch nie den kürzeren gezogen. . . . 
Man kannte den protzigen Menschen aus 
.jedem Worte. 
Kurz darauf kam auch Paulin herzu. 
Der Vater war stolz auf sein Mädel, wie 
es im hellrothen Kleid und weißem Mieder 
dastand. 
„Nun, ist der Heinrich schon gekommen?" 
„Nein, ich warte und schaue so immer 
nach ihm. Aber er hat gesagt, er kommt be 
stimmt."
	        
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