Volltext: Oberösterreichischer Preßvereins-Kalender auf das Jahr 1899 (1899)

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ezzen an drei Seiten abzugraben, wovon 
sich noch heute Spuren finden, doch der 
tiefe Festungsgraben im Süden wurde nicht 
vollendet, indem man allmählig die Ueber 
zeugung gewinnen mochte, es böte der lockere 
Schotterboden zu wenig Sicherheit vor 
Feindesansturm oder für Wasserbehalt und 
so stiegen sie auf den Storchenberg hernieder, 
gruben wieder tiefe Gräben und Gänge, 
bauten Mauern und Thürme und Gewölbe 
wozu es Jahre heischte, und 1228 war die 
herrliche Burg vollendet. Am Fuße des 
Schloßberges entstand allmälig der Burg 
flecken mit der Vituskirche, zum Gegensatze 
der Aegidienkirche im Haag, Obernhaag 
genannt. So trat der Name Huntezzen, 
in dessen Grundbereich alles lag, in den 
Hintergrund, und dass des meisten Grundes 
entblösste Landgut Huntassing wurde als ver 
lassenes Stiefkind schnöde zur Seite geschoben. 
Der Flaumbart erlebte diesen Ausgang 
nicht mehr. Die Seerose im Herzen, wollte 
er keiner anderen Platz schaffen und so ver 
flossen über zwanzig Jahre. Da blieb im 
Haselgraben bei Linz auf dem Felsenschloffe 
Wildberg von dem Edelgeschlecht des Hauns- 
berg nur mehr die Erbtochter Alheit übrig. 
Der Bischof von Passau wies nun als 
Lehensherr von Wildberg dem Trauernden 
den Weg in den Haselgraben, und Gund- 
ackar stieg 1198 zur edlen Haunspergerin 
Alheit in die Burg Wildberg empor, erbte 
alle ihre Güter, gewann noch viele dazu 
und wurde so der Ahnherr der in den 
Grafen- und Fürstenstand erhobenen Stah- 
remberger auf Wildberg und Stahremberg auf 
dem ehemaligen Storchenberge bei der Villa 
Huntezzen. Auf Andringen Herzogs Albrecht 
von Oesterreich verkauften sie ihm 1379 
die Veste Stahremberg. Dieser erhob im 
gleichen Jahre den Burgflecken Obernhaag 
zum Markte, und erhielt so einen mächtigen 
Keil, wodurch er die Besitzungen derSchaunber- 
ger trennte und 1383 diese überwinden konnte. 
Die Herrschaft Stahremberg wurde 1627 
vom Hochstifte Passau wieder zurückgekauft, 
unter Kaiser Josef bei Errichtung des Linzer 
Bisthums im Jahre 1785 eingezogen und 
bald an Private verkauft, heute im Besitze der 
sehr angesehenen, menschenfreundlichen Fa 
milie Seyrl. Diese Veste war durch Jahr 
hunderte die auf hohem Throne von Freund 
und Feind gleich umworbene Fürstin am 
Hausruck und von manchem Geschicke be 
troffen und schaut noch heute wohlerhalten mit 
stolzem Auge weit hinaus in gesegnete Lande. 
Als die Wunde vom Sporn des Gall- 
speck am Pferde des Sinzingers vernarbt 
war, ritt letzterer wieder nach Gallspach 
und der Gallspeck ritt gen Sinzingen um 
seine Braut Mathildis, und ihre Nachkommen 
blühten als Stahremberg'sche Vasallen auf 
Gallspach bis 1354, in welchem Jahre es 
Heinrich Geymann kaufte. Die Gallspacher 
finden sich 1454 als Vasallen der Schaun- 
berger auf Haitzing in der Pfarre Hart 
kirchen, 1459 auf Gleuß bei Seitenstetten, 
wo sie verarmten und bald ausstarben. 
Richer von Gallspach und Kunrat von 
Sinzingen ritten hinwiederum nach Still, 
wo sie diesmal das Liedlein wieder sangen 
und Alheit die Pfingstrose mit gen Sinzing 
führten, indem der Sinzinger sich angewöhnt 
hatte, nicht so sehr auf Edelblut als auf 
gefüllte Taschen zu blicken. Die Familie der 
Sinzinger ist jedoch bald ausgestorben. 
Weiter kamen die Stiller. Sie blieben 
treue Verwalter des Klosters Seitenstetten 
und ihrer eigenen Güter, die sich stets mehr 
ten. Ein Zweig von ihnen erscheint 1300 
auf der Feste Gleuß bei Seitenstetten, 
während ein anderer am Hausruck zurückblieb 
und die Familie der Jörger auf St. Georgen 
bei Tollet stiftete. Die Jörger gewannen 
viele Herrschaften und Schlösser, wurden 
1556 in den Freiherrnstand, und um 1650 
mit Johann Quintin Graf Jörger, kaiserlichen 
Kämmerer, Hofkammerrath und Vicekammer- 
präsidenten,kaiserlichenGeheimrath undStatt- 
halter von Niederösterreich in den Grafen 
stand erhoben, starben jedoch um 1705 in 
männlicher Linie aus. 
So ist aus längst verklungenen Zeiten 
Kunde geworden durch spärlichen Bericht 
der nicht selten schwankenden Urkunden, 
durch Ortsnamen, die gleich starren Felsen 
in den brandenden Meereswogen der Zeit 
aus fernen Jahrhunderten herüberragen 
und durch die leicht beschwingten Fittige 
der Ortssagen, welche aus diesen fernen 
Zeiten nebst anderen auch traurige und 
doch so liebliche Mär verkünden von der 
versunkenen Seerose in Wendlgering.
	        
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