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nur durch eine dünne Wand getrennt
ist von einem Zimmer, das einen Klimper
kasten und ein daran mondansingendes
Fräulein beherbergt; wenn Du gerade so in
die Welt der Träume hinüberlullen willst,
halb noch Deiner bewusst, halb unbewusst,
da erklingt es durch die Nacht: „Guter
Mond, Du gehst so stille ..." Einen
Ruck gibt es Dir — nicht wahr, Du be
greifst jetzt den Aerger Muckl's? Ich hatte
ebenfalls Mitleid mit Muckl und wollte
ihm Gelegenheit zur Rache verschaffen. Ich
ließ ihn ohne vorausgegangene Meldung
beim Sänger im ersten Stock eintreten.
Hans machte ein verblüfftes Gesicht, als
aber Muckl gravitätisch und mit zürnender
Miene auf ihn zutrat, da roch er den Braten
und flüchtete sich in eine Ecke seines Salons.
Doch Muckl langsam hinter ihm her! Jetzt
breitete er seine Flügel aus, und schon
glaubte ich, er werde sich auf den erschrockenen
in der Ecke kauernden Hans stürzen, als er
sich plötzlich besann, die Flügel langsam
senkte und einen unsäglich verächtlichen Blick
auf die Jammergestalt des Sängers warf;
dann verließ er majestätisch das Zimmer
seines mit stiller Verachtung gestraften
Feindes und zog sich in seine Gemächer zur
ebenen Erde zurück. Das war edel von Muckl,
ich bewunderte ihn. Kaum war die Thüre
zu, kam Hans hervor aus seiner Ecke und
pfiff lustig weiter, wo er bei Muckl's Eintritt
steckengeblieben. Der schüttelte unten sein
Haupt und schien zu sagen: „Der Kerl hat
keinen Kreuzer ein Ehrgefühl!" Zum Trost
verehrte ich ihm einen Mehlwurm, den er
mit Genugthuung in Empfang nahm. Ueber-
haupt, mit Mehlwürmern ist bei Muckl
alles zu erreichen, wie beim Hans mit
Gugelhupf. Denn verschieden, wie die
Temperamente, ist auch die Nahrung der
beiden. Das Gemeinsame ist nur das Wasser,
das Muckl in langen, verständigen Zügen
trinkt, während Haus sich in demselben
badet und netzt. Hat er sich aber erfrischt
und gestärkt in wohlthuendem Bade, dann
gibt er seine Bravourarien zum besten, bei
deren Erklingen selbst Muckl manchmal
träumerisch das Haupt hebt.
Einmal jedoch kam er in eine ganz ver
derbte Geschmacksrichtung hinein. Aus dem
Baume vor dem Fenster, in dessen Nische
beider Zinshaus steht, hatte sich ein Finken
paar häuslich niedergelassen, und sei es, dass
Hansen Plötzlich eine unglückliche Liebe zur
Finkenfrau erfasste und er in ihrer Sprache
um Gegenliebe werben wollte, sei es, dass
ihm des Finken Kunstrichtung besser gefiel,
er pfiff tagelang nichts mehr, als den ein
tönigen Finkenruf. Und das mit einer Aus
dauer, dass ich mich gezwungen sah, die
Situation des Hauses zu verändern, wollte
ich nicht mir selber und Muckl unheilbares
Kopfweh heranziehen. Hans war wohl einen
halben Tag nach der Versetzung trübe ge
stimmt, aber sein Leichtsinn gewann bald
wieder die Oberhand, und bald trillerte er
wieder eines seiner Schönsten wie früher.
Muckl und ich geben ihn jetzt ganz und gar
auf; ernsterer Lebensauffassung ist Hans
nicht fähig.
Da ist Muckl ganz anders. Bedächtig
sind seine Bewegungen, schweigsam ist seine
Zunge und tiefsinnig sein Blick. Ich sehe
es ihm von außen an, wie oft schwierige
Probleme sein Gehirn beschäftigen, wenn er
einen Fuß in die Höhe zieht, gleichwie scharfe
Denker den Finger an die Stirne legen,
wenn es hinter derselben nicht recht phos
phorescieren will. Es kann sich dann er
eignen, dass Muckl zerstreut, wie viele Ge
lehrte, vergisst, seinen eingezogenen Fuß
wieder auszustrecken, und er beim nächsten
Schritt, denn er vorwärts machen will, auf
die Nase fällt. So lebt der Muckl ein würde
volles, ernstes Leben dahin, ruhig den Ernst
der Zeit erwägend und seinen Beruf als
Philosoph in stiller Klause treulich erfüllend,
während ich überzeugt bin, dass der lieder
liche Bruder Hans gar nicht weiß, wozu er
auf der Welt ist, und in seiner Leichtlebigkeit
nie an Berufsthätigkeit und nützliches Me
ditieren denkt.
Den streng conservativen Sinn Muckl's,
infolgedessen er immer genau auf derselben
Stelle des Sprossens sitzt, und ihn täglich
zur selben Stunde verlässt, um sein Lager
aufzusuchen, nennt Hans Pedanterie und
Philisterhaftigkeit, weil ihm eben der Sinn
für Ordnung mangelt. Nicht umsonst und
nach scharfem Calculieren hat Muckl seine
Tagesordnung festgesetzt, die er nun pünktlich