Volltext: Oberösterreichischer Preßvereins-Kalender auf das Jahr 1897 (1897)

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führet" ist seines Amtes enthoben. Von St. Nikola 
kommt ein Schiffmann herangerudert, dem jeder gerne 
das Opfergeld darreicht. So war es anno dazu 
mal. Es lag etwas Feierliches in dem stummen Hände 
druck der rauhen Schiffleute. Bei Grein war es ein 
Abschiedsgruß, bei St. Nikola das Zeichen eines fröh 
lichen Wiedersehens. Doch Hunderte gab es, die sich 
zum letztenmal begrüßten, bevor sie der nasse Ab 
grund verschlungen. Der Jammer der Hinterbliebenen 
drang zum Throne der großen Kaiserin Maria 
Theresia und ihres Sohnes Josef II., die mit 
Eifer die Regulierung des ungeberdigen Stromes, 
danrit das Werk der Rettung von Menschenleben be 
gonnen, das der gegenwärtig regierende Monarch be 
endete. Heute sagt uns eine Inschrift in goldenen 
Stäubchen mehr zu finden von den trotzigen Gesellen, 
welche mit Ketten und Hacken die Fahrzeuge aufgehalten, 
die Schiffer ersäuft, die Passagiere in das Burgverlies ge 
schleppt hatten als Beute für den Säckel und für den Tod. 
Erhaben als Symbol des Friedens steht auf dem 
höchsten Riffe der Insel Wörth das Bild des Ge 
kreuzigten, zu dem seit drei Jahrhunderten wohl 
Tausende von angsterfüllten Schiffern hinaufgeblickt 
haben mögen. Ein Graf aus Tirol ließ es im Jahre 
1552 aufrichten. Derselbe verunglückte auf der Fahrt 
mit seiner Frau im „Strudel", rettete sich jedoch 
durch Schwimmen auf die Insel. Seine t Frau für 
todt haltend, zog sich der Graf als^Einsiedler auf die 
Insel zurück, wo er zwölf JahreKlebte und seine 
Gattin betrauerte. Doch diese war gerettet worden, 
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Lettern, dass „Kaiser Franz Josef I. die Ge 
fahren des Wirbels durch Sprengung der 
H ausstein felsinsel beseitigte." 
Doch nicht allein das Element brachte in jenen 
fernen Zeiten Unglück und Verderben, sondern der 
Mensch selbst war es, der die furchtbaren Schrecken 
der Natur mit den noch furchtbareren Gefahren ver 
einte, die eine entmenschte Horde über diese Gegend 
brachte. Auf allen Felsen klebten Raubnester, deren 
Trümmer noch heute als stumme Zeugen gegen Himmel 
starren. Auf der Insel W örtch erhob sich ein solches, 
das Herzog Albrecht IV. im Jahre 1395 zerstörte. Die 
Burg „Werfl" auf dem jetzt verschwundenen Hausstein 
war so gefürchtet wie der „schwarze Mönch", der 
die Gegend als Gespenst unsicher machte. Ringsum 
weht ein kalter Hauch mittelalterlicher Raubritter 
romantik und Geistermärlein spucken ringsum. Alles 
ist heute in Schutt und Trümmer gesunken, kein 
die Arme, die wieder ihren Gatten als todt beweinte. 
Die Kunde von dem gräflichen Einsiedler auf Wörth 
war zu der Frau nach Wien gedrungen, wo sie nach dem 
Unglücke bleibenden Aufenthalt genommen hatte. Die 
liebenden Gatten fanden sich und gaben ihren Dankes 
gefühlen gegen die schützende Allmacht Gottes in Er 
richtung des riesigen Kreuzbildes Ausdruck. 
Ergreifend ist eine Mondnacht in dieser Gegend. 
Am Ufer rauschen die Wälder, am Fuße des Felsens 
tost die Brandung; unerschütterlich steht das gewaltige 
Kreuz auf steiler Höhe. Der Mond wirft sein bleiches 
Licht auf die Züge des Gottmenschen und auf das 
Antlitz der Schmerzensmutter am Stamme. Die 
Wellen eilten seit Jahrhunderten am Felsen vorüber 
und werden sich noch Jahrhunderte lang an ihm 
brechen ; aber auch dann wird es noch im Silberlichte 
des Mondes aufleuchten — das Kreuz auf der 
Insel Wörth.
	        
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