Volltext: Oberösterreichischer Preßvereins-Kalender auf das Jahr 1896 (1896)

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sitzungeil wurden an die Erben getheilt. Die Schaun- 
burg mit Eferding und anderen Gittern kamen an 
die Starhemberg e, die sie heute noch besitzen. 
Geborsten ist der mächtige Thurm der Schaun- 
burg, verfallen ist die Burgkapelle. Immergrün um 
rankt die verwitterten Mauern, die heute noch in 
ihrem Umfange die einst so stolze Herrenburg und 
die Mächtigkeit ihrer Besitzer erkennen lassen. 
Weiter, immer weiter dampft das Schiff. Ruhiger 
fließen jetzt die Wellen des Stromes durch ein Ge 
wirr von Inseln und Auen dahin. Am Ufer neigen 
die alten Pappeln ihre sturmzerzausten Kronen zu 
sammen. Es rauscht da oben so geheimnisvoll, dann 
säuselt es wieder so leise, als erzählten sich die alten 
Baumriesen die Geschichte von den Nibelungen- 
recken, die auf der Donau ins Hunnenland gezogen, 
von der edlen Chrimhildis, die auf ihrer Brautfahrt 
zu „Everdingen" Nachtlager gehalten. Es ist ge 
schichtlicher Boden ringsum, es ist poetischer 
Boden ringsum und der hohe Kirchthurm der alten 
Stadt Es er ding grüßt über das Buschwerk des 
rechten Ufers. 
Es ist auch geheiligter Boden ringsum, denn 
in der Nähe der Landestelle Br and statt erzählt 
uns ein Bild in einer Kapelle, dass hier am 
30. October 994 der heilige Wolfgang, Bischof 
von Regens bürg, ans Land stieg, der auf einer 
Reise nach Ungarn infolge Erkältung heftig erkrankt 
war und in der damaligen Othmarskapelle auch in 
Gegenwart einiger priesterlicher Gefährten seinen Geist 
aufgab. Heute begrüßt uns an der geheiligten Todes 
stätte das Franeiscanerkloster Pupping. 
Das Stromthal wird melancholischen Charakters. 
Endlos di Hut sich das Wipfelmeer der Auwälder. 
Zerrissene Weiden, von wildem Hopfen und anderen 
Schlingpflanzen wuchernd umrankt, senken ihre Aeste 
in die Flut. Wenn die Winde vom Wasser her 
zwischen die Erlen und Weiden fahren, wird da und 
dort eine Wiesenidylle sichtbar, behäbig ruhende Rinder 
darauf, wenn das Strauchwerk nickt, taucht da und 
dort das Rohrdach einer Fischerhütte empor. Das 
Blau des Himmels spiegelt sich auf den stillen Ge 
wässern der Seitenarme. Am versandeten Ufer lauern 
Stelzenvögel auf einen unvorsichtigen Fisch oder ein 
kleines Amphibium. 
Endlich sinken Inseln und Auen in den Strom 
und waldige Bergwände tauchen allmählig wieder an 
beiden Ufern auf. Vom Feuer der Abendsonne ver 
goldet leuchtet am rechten Ufer das Thurmkreuz der 
Als die Jungfrau Maria zu Bethlehem ihr Kindleiu Pflegte, 
so wird erzählt, nahm sie mit Besorgnis wahr, dass Spinnweben 
das holde Gesicht ihres Neugeborenen umzogen. Sie wischte die 
selben sachte und sorgfältig mit den Fingern fort. Aber nach 
wenigen Augenblicken hicngen neue Fäden um Stirn und Augen 
des Jesuskindes. Da kam ein kleines Vögelein vom nächsten Zaune 
herbeigeflattert, um iu oller Eile sämmtliche Spinnen wegzupicken, 
die im Stalle hausten und mit ihrer Zudringlichkeit die heilige 
Familie belästigen. Die Verleihung des Königstitels war der 
Lohn für dose That. 
Kirche des Cislercienserstiftes Wilhering auf; am 
linken Ufer bildet das Schloss Ottensheim mit 
dem Markte ein malerisches landschaftliches Gegenstück. 
Am rechten Ufer dunkelt der Kürnberger- 
wald. Bist du, lieber Leser, ein Sohn des Landes 
Oberöstrreich, dann blicke mit Stolz auf diesen Berg 
rücken, den uns eine reelle und verständige Kloster 
wirtschaft zum Heile der Stadt Linz auch frisch be 
waldet erhält. Wir Deutsche haben ja ein Lied ans 
einer großen Vergangenheit, von edlen Recken, das 
„Nibelungenlied". Selbes ist ein Meisterwerk 
voll männlicher Kraft, voll Kühnheit und wieder voll 
minniglicher Frauenliebe und Treue. Dieses Lied ist 
der erste Sonnenstrahl am Morgen des deutschen 
Dichterlebens, der größte Schatz der deutschen Literatur 
des Mittelalters. Er ist nicht vergraben, sondern ge 
hoben und soweit die deutsche Zunge klingt, freut 
man sich seiner. Man forscht heute mit allem Eifer 
nach dem Sänger des Nibelungenliedes und glaubt 
ihn mit Bestimmtheit am südlichen Saume des Kürn- 
bergerwaldes gefunden zu haben, wo im Mittelalter 
eine Burg Kürenberg stand. Dort soll der Sänger 
seine Leyer gestimmt haben. — Weiter im Engpässe, 
den Tannenwälder umschatten, da und dort flimmern 
die Lichter der scheidenden Sonne zwischen den 
Stämmen. Vom Gehänge des linken Ufers grüßt 
die doppelthürmige Wallfahrtskirche auf dem Pöst- 
lingberge herab, so milde und lieblich; das Schloss 
Buchenau und am Strande das schöne Kirchlein 
des Ortes bilden die Staffage eines der anmuthigsten 
Donaubilder. An der rechten Uferhöhe baut sich die 
burgfriedartige Franz Josef-Warte auf, von 
der aus die Linzer Einblick thun in's Land, so weit 
und reich und herrlich, in's Heimatsland, für sie das 
schönste auf dem schönen Erdenrund. Die Uferstraßen 
rechts und links werden belebter, weiße Häuschen 
heben sich vom verdämmernden Hintergründe ab. 
Rechts sinken die Felsen in die Erde, als wollten 
sie dem Menschen nicht hindernd in den Weg treten, 
der sich hier die Landeshauptstadt Linz anlegte. 
Eine sanfte Beuge, der Dampfer steuert unter 
der mächtigen Eisengitterbrücke durch und lenkt in 
den Hafen der Ruhe; da liegt Linz vor uns, nach 
Wien und Budapest die größte und schönste der 
Donaustädte an Oesterreich-Ungarns Strand. Sie 
sieht so jugendlich und thaufrisch aus und ist doch 
so steinalt, wie uns die Römerfunde erzählen. Sei 
mir gegrüßt, du schöne Donauperle, sei mir 
tausendmal gegrüßt, du meine Vaterstadt. 
Im deutschen Thiermärchen wird der Name des kleinen 
Zaunschliipfers als Spottname erklärt, weil dieser Zwerg 
durch Betrüg im Wettkampf der Vögel um die Königskrone 
gesiegt hate, da er noch höher geflogen war, als der Adler, 
in dessen Brustfedern er sich verborgen gehalten. Nach einer 
Sage aus dem schweizerischen Canton Graubünden ist der 
'Name „Zaunkönig" ein Ehrenname. 
Ursprung des Uamens „Zaunkönig".
	        
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