Volltext: Oberösterreichischer Preßvereins-Kalender auf das Jahr 1896 (1896)

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Öberö sterreichisches Land sch aftsbild 
Ferdliilliid Alhrer. 
Bon Dnffnu bis N-inz. 
röme, Flüsse und 
Seen sind die Augen 
einer Landschaft und 
ein solch' schönes, wenn 
auch nicht immer blaues 
Auge ist unser herrlicher 
Donaustrom. Bist 
du, lieber Leser, 
ein Oberöster 
reicher, so lasse 
dieses treue und 
offene, dieses 
deutsche Auge groß 
und majestätisch 
auf dich glänzen 
und doch wieder 
mild und freund 
lich ins Herz dir 
leuchten. Stand 
deine Wiege an 
fernen Gestaden, 
so wird es auch 
dir unser heimat 
licher Strom bald angethan haben, wenn du dieses 
Landschaftsbild aufmerksam betrachtet hast. Der Ver 
fasser dieser Skizze will dir, ob heimisch oder Gast, 
Erzähler und Führer sein. 
„Brieg und Breg bringen die Donau z'weg", heißt 
ein altes Sprichwort draußen in deutschen Landen. 
Briegach und Brege sind nämlich zwei Zwillingen- 
bäche, die sich unterhalb Donaueschingen vereinigen 
und zusammen die Donau bilden, den hervorragendsten 
Strom unseres Erdtheiles mit einem 2900 Kilometer 
langen Laufe auf rein europäischem Gebiete. Von 
ihrer Quelle bis nach Passau hat die Donau bereits 
dreier Herren Länder durcheilt, hat ihre Wellen an 
lebensfrohen Städten mit großen Münstern, wie Ulm 
und Regensburg, vorüberfließen lassen. Eine 
Donaureise von der Quelle bis zur Mündung geht 
ja durch halb Europa, vom deutschen Occidem bis 
zum türkischen Orient. Was haben die Ufer der Donau 
nicht alles gesehen? Mehr als alle übrigen Gewässer 
Europas. Ich müsste dir Bände der Weltgeschichte 
vorlesen, wolltest du nur einiges aus der großartigen 
Geschichte unserer Donau erfahren. Die Perser unter 
ihrem Könige Darius, die Macedonier unter Alexander, 
die Römer unter Trajan, die Hunnen unter Attila, 
die Deutschen unter Karl dem Großen, die Mongolen 
unter Dschingiskan, die Türken unter Suleiman, die 
Schweden unter Torstensohn, die Franzosen unter 
Napoleon standen mit ihren Heerscharen an den Ufern 
der Donau. 
An den Ufern der Donau hat sich auch die Ge 
schichte unseres engeren Vaterlandes Oberösterreich 
abgespielt und diese Geschichte sollen dir, lieber Leser, 
die Wellen erzählen. Lies und schau. 
Mancherlei Funde in Werkzeugen und Waffen, 
die in Uferorten gemacht werden, geben uns Kunde, 
dass an der Donau schon der vorgeschichtliche Mensch 
der sogenannten „Steinzeit" in unserem Ober 
österreich hauste; also etwa 2000 Jahre vor Christo. 
Um die Mitte des dritten Jahrhunderts vor Christo, 
also in der schon reich entwickelten „Eisenzeit" kam 
das fremde Volk der Kelten in unser Land und 
besiedelte auch die Donauufer. Sie nannten den Strom 
Ist er, vom keltischen Worte ster — Fluss. 
Was die Bergwirtschaft an Salz, Vieh, an Häuten 
und Käse durch fleißige Ausbeute geliefert, was der 
Wald an Pech, Harz und Kienholz geschenkt, das 
wurde von den Donaukelten nach unserem Strome 
geschafft, der ja damals schon die wichtigste Verkehrs 
straße des Landes bildete. Hier nahmen große Holz 
fahrzeuge die Ladungen auf und die Schiffer lenkten 
den Kiel stromabwärts, nach dem römischen Carnun 
tum (heute die classischen Orte Petronell, Hainburg 
und Deutsch-Altenburg unterhalb Wien umfassend). 
In jenen Zeiten war Carnuntum der Hauptsitz des 
Bernsteinhandels und die Völker zogen auf der „Bern 
steinstraße" von der Ostsee nach der Donau. 
Im Jahre 15 vor Christo kamen die welterobernden 
Römer auch in unserem Lande an, unterjochten die 
Kelten am rechten Donauufer und legten an diesem 
Grenzstrome ihre festen Bollwerke an, die der Leser 
kennen lernen wird, ließen durch ihre Wachschiffe, 
denen der Leser begegnen wird, den Donaustrom 
(Danubius) bewachen, ob er auch respectiert würde als 
Reichsgrenze. In Römerzeiten war die Donau vor 
wiegend Militärstraße. Vom rechten Ufer der Donau 
aus, von Lauriaeum (dem heutigen Enns) verbreitete 
sich das Christenthum im Lande ob der Enns. 
Im Mittelalter wurde die Donau die Heerstraße 
der Kreuzfahrer, deren flatternde Banner den 
Leser begrüßen werden. Von jenen Zeiten ab wurde 
die Donau die wichtigste Handelsstraße zwischen Abend- 
und Morgenland, erhielt eine Bedeutung, welche sie 
in unserer neuen Zeit durch die Concurrenz der 
Eisenbahnen einbüßte. 
Nach diesem kurzen Seitensprung auf das Feld der 
Geschichte besteigen wir in der bayerischen Grenzstadt 
Pas sau den österreichischen Dampfer. In Paffau
	        
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