Volltext: Oberösterreichischer Preßvereins-Kalender auf das Jahr 1893 (1893)

(134) 
theidigen versucht; als aber Johann immer roher 
wurde, da trat sie plötzlich dicht zu dem ungeratheiien 
Sohne und sagte mit thräneiicrstickter Stimme: 
„Dein Wunsch, Johann, soll erfüllt sein. Ich 
geh' fort und mich siehst Du nimmer. Aber Du 
wirst es noch einmal bereuen, so mit Deiner Mutter 
umgegangen zu sein, und Deine Kinder werden Dir 
es vergelten, was Dil mir gethan!" 
Damit gieng die alte Frau und kam nicht mehr zurück. 
Einige Wochen später starb die unglückliche Greisin 
im Spitale. Ihr Sterbebett umgaben nur die frommen 
Krankenwärterinnen — ihr Sohn aber fehlte. 
Kurze Zeit nachher wurde der Tischlermeister 
Vater eines kräftigen Knaben. Seine Freude kannte 
keine Grenze, zumal das Kind kräftig gedieh. Der 
kleine Franz war nun schon sechs Monate alt ge 
worden und obwohl er leiblich nichts zu wünschen 
übrig ließ, so lvaren in geistiger Beziehung keine Fort 
schritte zu bemerken. Das Kind lachte nie; wenn man 
es kosend rief, beachtete es die Schmeichelworte nicht 
und nie kam ein Laut, außer beim Weinen, über die 
Lippen. Als der Knabe ein Jahr alt geworden, war 
kein Zweifel mehr, dass das Kind blöd und taubstumm 
war. Die Eltern waren tief unglücklich, zumal der 
Blödling ihr einziges Kind blieb und selbst das Empor 
blühen des Geschäftes vermochte ihren Schmerz nicht 
zu lindern. In schlaflosen Nächten kam es dem 
Tischlermeister oft in den Sinn, dass das die Strafe 
für die Unthat an seiner Mutter sei. 
Der kleine Franz war fünf Jahre alt geworden. 
An einem Feiertage waren die Eheleute vormittags 
fortgegangen. Als sie gegen Mittag nachhause giengen, 
kamen ihnen schon die Nachbarn entgegen mit der 
Meldung, dass in seiner Werkstätte Feuer ausgebrochen 
sei. Und als der Tischlermeister bei seinem Hanse an 
gekommen war, sah er, dass er im Verlaufe weniger 
Stunden ein Bettler geworden. Alles hatte das gierige 
Element verzehrt. Und die Entstehungsnrsache? Der 
blödsinnige Knabe hatte Zündhölzchen gefunden und 
die in der Werkstätte aufgehäuften Hobelspäne an 
gezündet. — Und als die Flammen emporschlugen, 
da hatte der Kleine voll Vergnügen immer neues 
Brennmaterial hinzugetragen, bis die Flammen den 
kleinen Brandstifter selbst ergriffen und ihn straften, 
weil er sein furchtbares Spiel mit ihnen getrieben. 
Schwerdtner sah in dem Unglücke einen Finger 
zeig des Himmels. „Deine Kinder werden es Dir ver 
gelten, was Du mir gethan", hatte seine alte Mutter 
bei ihrem Scheiden gesagt und heute hatte sich ihr 
Wort zum zweitenmale erfüllt. 
Tiefe Reue erfasste Schwerdtner, der nunmehr 
wieder zum Gesellen herabgesunken war. Er konnte 
es zu nichts mehr bringen und im Armenhau.se endigte 
er sein trauriges Dasein. 
Der Segen der Mutter hatte ihn zum wohl 
habenden Manne gemacht, seine Sünde gegen sie 
machte ihn zum Bettler. 
Nützliches 
Brandwunden heilt man am schnellsten, wenn 
man rasch einen Brei aus rohem Eiweiß, Leinöl und 
saurem Rahm möglichst dick auf die Wunde streicht, 
darüber reine, alte Leinwand, mehrfach gefaltet und 
in Wasser getaucht, auflegt und das Ganze mit einem 
trockenen Tuche zubindet. Nach je zwei Stunden nehme 
man das trockene Tuch ab, feuchte das nasse Tuch, 
ohne es wegzuheben, mit einem Schwamme tüchtig 
an und binde den trockenen Umschlag wieder darüber. 
Morgens und abends wird auch das feuchte Tuch sorg 
fältig abgelöst und und so schnell als möglich zum 
alten Brei neuer aufgetragen. 
Vergilbte Wäsche kann leicht im reinsten Weiß 
wieder hergestellt werden, wenn man dieselbe nach 
ordnungsmäßigem Waschen in saure Milch legt, einen 
Tag in derselben liegen lässt und dann die Milch 
durch mehrmaliges Spülen wieder entfernt. 
Zur Unterdrückung des Schlnchzens wird 
als ganz sicher wirkend empfohlen, ein von einer 
zweiten Person gereichtes Glas Wasser langsam zu 
leeren und während dessen die beiden Gehörgänge mit 
den Fingerspitzen fest verschlossen zu halten. 
Ein billiges Pflaster. Das Meerrettigpflaster 
(Mecrrettig wird bei uns Kren genannt) ist eines der 
am schnellsten helfenden Mittel bei Kopf- und Zahn 
schmerzen, bei Schwindel, Ohrensausen, Betäubung, 
Brust- und Magenkrämpfen und Rückenschmerzen. 
Man streicht den geriebenen Mecrrettig (Kren) auf 
Leinwand in der Größe einer Hand, legt ihn auf 
den Oberarm, auf die Waden, Fußsohlen oder in den 
Nacken und lässt ihn solange dort wirken, bis man 
ein beträchtliches Brennen empfindet. 
Vogelscheuchen soll man — wie die „Dresdener 
landwirtschaftliche Presse" hervorhebt — nicht das ganze 
Jahr über stehen lassen. Sobald sie ihren Zweck er 
füllt haben und die Vögel nicht mehr schaden können, 
müssen sie entfernt werden. Der Vogel gewöhnt sich 
dann nicht so leicht daran, so dass sie später wieder 
ihren Zweck völlig erfüllen. Auch erreicht man da 
durch, daß alle Vögel nicht das ganze Jahr den Garten 
meiden, wodurch den schädlichen Jnsecten Thür und 
Thor geöffnet bleiben würde. 
Anreisen zu vertreiben oder zu vertilge». 
Man nimmt einen trockenen Badeschwamm, streut 
gepulverten Zucker hinein und legt ihn dahin, wo die 
Ameisen sich aufhalten. Sie kriechen hinein: man kann 
sie mit heißem Wasser tödten und den Schwamm, wenn 
er trocken ist, wieder aufstellen. Aus Häusern und 
Gärten kann man auch die Ameisen vertreiben, wenn 
man an ihrem Nistorte in die Löcher Ofenruss streut. 
Kopfschmerzen beseitigen die Negerinnen, welche 
in der heißen Zone ganz besonders von diesem Uebel 
heimgesucht sind, durch Auflegen und Befestigen von 
durchschnittenen Citronen auf die Schläfen. Die Citrone
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.